Freitag, 8. Januar 2016

Mutterinstinkt



Ich nötigte Derek geradezu mit mir essen zu gehen. Ließ keine Ruhe. Bis er endlich wieder normal zu sein schien.
Seine Mutter war selbstredend mit ihm ins Restaurant gekommen. Dieses Mal setzten sich beide zu mir an meinem Tisch. Ich atmete auf. Allerdings hatte ich nicht geahnt, dass Magdalena so taff sein kann.
Um es abzukürzen, es entspann sich ein Gespräch, in welchem ich ihm vorwarf, er würde mir etwas verschweigen. Und im gleichen Atemzug sprach ich Giselle und das Kind, dass sie angeblich von ihm erwartete an. Seine Mutter war, ob meiner Offenheit, nicht empört. Was mich bewog, ein noch sensibleres Thema anzuschneiden.
„Könnte es nicht möglich sein, dass sie mich Derek, zu Gunsten Gisells, auszureden versuchen?“ Schließlich konnte ich wohl kaum anmerken, dass ich ihr unterstellte, Derek geraten zu haben, dass Gleiches besser bei Gleichem bleibt. Also griff ich nach einer gebräuchlichen Redewendung, die Rassenzugehörigkeit nicht anklingen ließ. „Ähnlich dem Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach zu sehen.“
Derek sah mich entsetzt an. Wie konnte ich nur? Ich böses Mädchen. Grins. Seine Mutter allerdings, schien meine Offensive nur wenig zu tangieren. Und wenn es doch so gewesen wäre, zeigte sie es nicht.
„Was ist daran falsch?“, antwortete sie und fixierte mich.
„Die Liebe.“, antwortete ich zügig aus dem Bauch heraus und ich sah Derek schmunzeln.
„Okay. Nur ist mir zu Ohren gekommen, dass sie ihren Mann sehr lieben müssen und bei ihm bleiben, obwohl er sie“, hier stockte sie kurz und sah mir tief in die Augen,  „betrügt.“ DAS hatte natürlich kommen müssen.
„Ja. Das ist wahr.“, gab ich zu und senkte den Blick für einen Moment. Allerdings nur, um ihn nun Sieges gewiss zu heben. „Aber gerade sie müssten doch wissen, dass es möglich ist, zwei Menschen zu lieben. Denn MIR ist zu Ohren gekommen, dass ihr Ehemann genau dies tut.“, konterte ich.
Nun sah mich Derek wieder vorwurfsvoll an. Magdalena hingegen schien ungerührt. „Genau deswegen.“, versuchte sie offensichtlich mit dieser Bemerkung das Gespräch zu beenden. Sie war natürlich eifersüchtig auf diese andere Frau. Diese Japanerin.
Nein. Das war noch nicht das Ende der Unterhaltung. So schnell gab ich nicht auf. „Nun, es tut mich wirklich Leid für sie Magdalena, dass sie trotz der offensichtlichen Liebe zu ihrem Ehemann das Durchsetzungsvermögen nicht hatten, sich von ihm zu trennen, oder es ihm zumindest gleich zu tun.“
„Rea!“, schaltete sich nun Derek ein. „Hör’ auf damit. Meiner Mutter geht es nicht so gut.“
Nun wandt ich mich an Derek. „WAS meinst du denn, wie ich mich fühle. Denkst du mir geht es gut?", betonte ich jedes einzelne Wort. "Gleichwohl ich es mir nicht anmerken lasse, habe ich Krämpfe und meine Füße brennen. Was denkst du denn?“
„Okay. Okay. Allerdings gibt es dir nicht das Recht, meine Mutter anzugreifen.“
„Deine Mutter, kann gut für sich selbst sprechen. DAS traust du ihr doch sicherlich zu. Es braucht zwischen mir und ihr keinen Beschützer. Ich tue ihr nichts.“
Nun lächelte Magdalena ein wenig. „Deine Freundin hat Recht, mein Junge. Sie ist ganz schön taff. Greift mich an, weil sie denkt, dass ich für eure Beziehung eine Gefahr darstelle. Und so, wie sie um dich kämpft, scheint sie tatsächlich an dir interessiert zu sein. DAS hätte ich nicht gedacht. Es hätte ihr auch alles gleichgültig sein können. Vielleicht ist es doch möglich, auch als Frau, zwei Männer gleichzeitig lieben zu können. ICH könnte das jedenfalls nicht. Und im Übrigen, sie hätte NICHT mit mir darüber sprechen müssen. Ich glaube, ich muss mich bei ihnen entschuldigen Rea.“
Ich sah sie fest und entschlossen an. „Entschuldigung angenommen. Magdalena.“ Ich nickte ihr zu. „Und nun, WAS schließen sie daraus? Dass ich es Wert bin, mit ihrem Sohn zusammen zu sein? Trotz eines Ehemannes?“
„Am Ende wird Derek ohnehin selbst entscheiden.“, entzog sie sich diplomatisch dieser Frage.
„DAS denke ich auch.“, antwortete ich ihr und warf Derek einen viel sagenden Blick zu. Der nun erleichtert schien.
„Ich bringe dich zurück zum Haus.“, sagte Derek zu seiner Mutter, als wir den Lunch beendet hatten.
„Nein. Lass nur Junge. Ich schaffe das schon allein. Geh’ du nur mit Rea ins Büro.“
„Wenn etwas sein sollte, Magdalena, besteht immer noch die Möglichkeit einen der Sicherheitsbeamten Bescheid zu geben, der ihnen dann helfen kann.“
„Ich weiß. Vielen Dank.“
Ich hätte nicht geglaubt, dass es mit Frauen ähnlich ist, wie bei den Männern. Warum ist es gleichwohl nötig miteinander zu ringen und sich gegenseitig Grenzen aufzuzeigen, oder klar zu machen, wo man steht? Eigenartig. Andererseits denke ich mir, es war, es ist,....der Mutterinstinkt. Sie möchte ihr Kind, ihren Sohn, vor Schaden bewahren.

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Derek war jetzt anders als vorher. Nicht mehr so distanziert. Und ich vermute, er war erleichtert. Genauso, wie ich.
Auf dem Weg zurück zum Bürogebäude, hatte er sogar seinen Arm um meine Hüfte gelegt. Und er küsste mich wieder. Gänzlich ungeniert.
Ich atmete auf.

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Nach langem, langem sitzen am PC hatte ich gegen halb sechs genug! Kevin bot sich sogar an, mir den Nacken zu massieren. Ich ließ es ihn tun, mit dem Hinweis auf seine neue Lebenspartnerin. Er grinste.
Und bis dahin hatte ich vergeblich auf einen Anruf von Gunnar gewartet, in welchen er mir beizubringen versuchte, dass er heute keine Zeit für mich hatte. Also, was nun? Ich hatte es Derek versprochen bei ihm zu bleiben. Nur hatte sich Gunnar gerade an den letzten Tagen so Ehemann like verhalten, dass ich unsicher war, was ich tun sollte. Derek allerdings erneut einen Korb zu überreichen, DAS konnte ich nicht. Ich dachte darüber nach, Gunnar anzulügen. Aber wozu? Womöglich half es, doch noch ein, zwei Stunden abzuwarten. Eine Lieferung stand ohnehin noch aus......die nicht kam.

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Dann doch noch, kurz bevor ich Derek erneut für den Abend absagen wollte, kam der erlösende Anruf von Gunnar. Als hätte er es gewusste UND er sprach es sogar an.
„Kommst du heute zurück?“. Was seine erste Frage. „Derek meldet wohl seinen Anspruch an?“, die Zweite. „Alexa hat moniert, dass ich sie vernachlässigen würde und da das Wochenende naht, wo ich wahrscheinlich ausgehen werde, gedenkt sie mich wenigstens für eine Nacht in ihren alleinigen Besitz zu nehmen.“
„Formidabel festgehalten.“, lobte ich ihn und tat, als würde mich das verärgern. Selbstredend war es tatsächlich so. Allerdings hatte ich eine Verabredung einzuhalten, die ich nicht zurück nehmen konnte.
Letztendlich war jetzt alles im Lot. Was allerdings NICHT als Tatsache zu leugnen war, dass ich doch viel lieber die Nacht mit Gunnar verbracht hätte.
Bevor Gunnar auflegte, kam mir noch eine Idee. „Warum bleiben wir beide am Wochenende nicht zusammen? Allein. Ich würde es mir wünschen. Was sagst du dazu?“
Gunnar schien überrascht. „Okay. Warum eigentlich nicht. Vielleicht können wir beide etwas zusammen unternehmen?“
„Wie wäre es mit essen Gehen? In einem angenehmen Ambiente“
„Du meinst teuer?“
„Ja und? Lass uns das Wochenende zusammen genießen. Nur wir zwei.“
„Okay. Ich bin dabei.“
Oho! Nun war ICH überwältigt und hoffe, dass er hält, was er verspricht.

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Derek hatte seine Mutter für den Abend zu uns eingeladen. Sie blieb nur zwei Stunden und dann begleitete er sie zurück zu ihrem Haus. 
An diesem Abend gebot ich Magdalena noch in einer Sache Einhalt. Ich gedachte nicht mit ihr über Krankheit zu reden. NEIN! Niemals. Es hätte bedeutet, etwas in meinem Kopf aufleben zu lassen, was nicht zu leben hat. Was schön längst verbannt ist. Zumindest die meiste Zeit über.
Alles in allem hatte ich Anlaufschwierigkeiten der gefühlsmäßigen Art mit Derek. Gleichwohl ich mir Mühe gab. Dachte ständig an Gunnar. Träume vor mich hin, währenddessen ich an Dereks Seite saß. Aber es änderte sich im Laufe des Abends. Und ich war ganz glücklich darüber, mit IHM zusammen zu sein und .....genoss. Ebenso heute Morgen den Sex. Obwohl er ein wenig aufgesetzt schien. Etwas gezwungen. Da es bereits acht  Uhr gewesen war und genau genommen hätten wir ausstehen müssen, um ins Büro zu gehen.
Derek ist so sanft. So liebevoll. Schlicht und einfach ein Genuss....der ganze....Mann.
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Vor wenigen Minuten rief mich unerwarteter Weise Gunnar an und fragte: „Du kommst doch heute Abend?“ Seine Stimme klang besorgt.
„Ja. Wir hatten uns doch darauf geeinigt, das Wochenende zusammen und vor allem allein zu verbringen. Nicht wahr?“
„Ja. Ich sehne mich nach dir.“, sprach es leise.
Wie jetzt? Hatte ich tatsächlich richtig gehört? ER sehnte sich nach mir? OBWOHL er diese Nacht mit Alexa verbracht hatte und das Wochenende mit ihr verbringen könnte, wenn er es wollte? Hmmm. Nun ja. Was sollte ich davon halten? Womöglich eine vorübergehende Laune? Oder war es doch.....LIEBE? Denn in so manchen Augenblicken zweifelte ich daran. Andererseits betonte er stets, dass ihm seine Liebschaften nichts oder nur wenig bedeuteten. Alexa selbstverständlich ausgeschlossen. Und ich hoffe, es ist kein Trick, um uns beider erneut (als Freundinnen) zusammen zu bringen. Denn ich hatte Gunnar eindeutig zu verstehen gegeben, dass ich zwar friedlich mit ihr umgehen werde, es aber dennoch nicht wünsche des Öfteren mit ihr konfrontiert zu werden.
Männer .....brauchen nun einmal KLARE Regeln und Anweisungen.