Samstag, 5. März 2016

Söhne und Ehemänner, Hochzeitstage und der magische Faden



Ich vermute es ist überaus mühsam für Derek fortwährend zurückzutreten, sobald Gunnar die Bühne betritt. Mein Ehemann hatte sich, entgegen seinen Ankündigungen, nun doch entschlossen, das Wochenende mit MIR zu verbringen. Er erschien überraschen am Freitag gegen eins im Büro und fragte mich, ob ich schon meinen Lunch zu mir genommen hätte. Wenn nicht, würde er mich gern entführen, um mit mir zu speisen.
Welch’ eine Überraschung!!! Und noch eine Angenehme dazu!!! Ich war über die Maßen glücklich darüber!
Derek war allerdings sichtlich enttäuscht. Hatte er sich doch ein ganzes Wochenende mit mir allein versprochen und nun tauchte urplötzlich Gunnar auf und verdarb es ihm. Und auch für die noch Anwesenden im Büro schien es nicht wirklich einfach zu sein, diese Hürde zu nehmen. Anfangs schauten sie ein wenig sonderbar drein. Erinnerten sich jedoch offensichtlich und gewöhnten sich recht zügig daran, dass Gunnar mein eigentlicher Ehemann war. Welcher zwar nun nicht mehr hier arbeitete und ihr Chef war, aber dennoch wieder oft zu Gast.
Casandra Fish hatte ein stetiges Grinsen im Gesicht und bei Keshia Berggren fiel mir eine sonderbare Unsicherheit auf. Sie schaute immer wieder verschämt zu Gunnar herüber. Was war da gewesen? Sicherlich ebenso irgendwann eine intime Geschichte. Kate hingegen geht Gunnar mit offener Vertrautheit an. Ellen Parker übt da doch eher Zurückhaltung. Amaja kreuzt die Wege meines Mannes nur ungern. Der Grund dafür ist mir bekannt. Das einstige Fellatio zwischen ihnen war aller Wahrscheinlichkeit nicht einvernehmlich.
Bin ich eigentlich nur noch von Frauen umgeben, die mit Gunnar intim gewesen sind? Manchmal scheint es mir so.

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Ich besuchte am Nachmittag mit Gunnar meinen versäumten Vortrag von zwei Tagen zuvor. Es ging um die Macht- oder besser Nicht-Macht-Verhältnisse im Matriarchat. Und so gänzlich nebenbei erwähnt, Gunnar war der einzige Mann. Was ihn offensichtlich NICHT irritierte.
In jedem Fall begrüßte ich es, dass er bei mir war.

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Gunnar hatte sich während des Dinners sogar noch bei Derek entschuldigt. So von Mann zu Mann. Es täte ihm leide, dass er ihm dazwischen gefunkt hätte. Derek wusste auch damit nicht umzugehen und wenn er weiß gewesen wäre, hätte man sicher die Schamesröte in seinem Gesicht gesehen. Aber er blieb dennoch cool. Nickte Gunnar (gequält) freundlich zu. Und ein Handschlag, ebenso....von Mann zu Mann.
Alles war friedlich am Abend und das zu Bett Gehen, nun ja, erneut etwas später als geplant.
Vor dem Einschlafen redeten wir noch eine knappe Weile miteinander. Insbesondere über Derek und ebenso über uns. Wir freuen uns beide auf Beltane. Unseren vierten Hochzeitstag und erinnerten uns an das gemeinsame verfasste Eheversprechen, welches mehr denn je Bedeutung für mich hat. Und gleichermaßen an unsere gemeinsame Zeit bis hier her. Gunnar sieht es genauso wie ich, wie er sagt. Und auch in diesem Fall bin ich davon überzeugt, dass es die Wahrheit ist. Denn auch ER ist noch immer überglücklich mit mir.
Seine Neigungen waren ebenfalls kurz ein Thema. Alldieweil ich erneut begann sie zu beklagen, wie so oft. Jedoch ließ ich auch die Hoffnung nicht außer Acht, dass es womöglich einmal besser werden würde.
„Du gibst nicht auf. Oder?“ Gunnar lachte.
„Ich weiß doch, wie sehr du dich bemühst.“, erwiderte ich mit warmherziger Stimme  und begann ihn doch besser ein wenig zu loben. Denn ich wollte keinen Streit. „Obwohl du so manches Mal rückfällig wirst.“, setzte ich trotz alledem noch mit einem Augenzwinkern nach.
Gunnar wurde ernster. „Ja. In der Tat. Ich gebe mir große Mühe. Was mir allerdings nur mäßig gelingt. Aber immerhin, ich bin schon viel ruhiger geworden, was das fremd Gehen betrifft.“
„Bis auf Alexa, die du liebst.“
„Aber nicht wie dich, Rea. Mit ihr ist es anders. DU bist meine Seelenpartnerin und ich werde mich niemals von dir trennen. Das weißt du doch hoffentlich.“
„Ja. Natürlich weiß ich das.“
„Und aus diesem Grund, bin ich auch hier und eben NICHT bei Alexa. Weil du mir weit mehr bedeutest und wichtiger bist als sie.“
Mit diesen Worten vermochte ich gut in Gunnars Armen einzuschlafen.

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Ich wachte gegen sieben Uhr auf. Gunnar öffnete kurz nach mir die Augen. Aber da ich mich entschloss noch eine Weile liegen zu bleiben, schliefen wir erneut ein und pellten uns erst gegen halb neun aus dem Bett.
Es war ein doch eher rasches Aufstehen. Kein Sex. Weder am Abend noch am Morgen. Und Gunnar hatte mir geschworen nachts bei mir gewesen zu sein. Was ich ihm gleichwohl abnahm. Wieso sollte er mich belügen? Wo er mir doch offen die Wahrheit hätte sagen können, ohne, dass ich ihm sonderlich böse gewesen wäre. Was ihm selbstredend bewusst war.

Der Weg am Morgen zum Restaurant ist zumeist wie ein kleiner Spaziergang. Sehr angenehm.

Im Restaurant hingegen, gab es ein kurzes Entsetzen für mich. Derek kam herein in Begleitung seiner Mutter UND Giselle. Gunnar hatte es ebenso bemerkt und grinste.
„Oho.“, ließ er verlauten und sah mich mit hochgezogener, linker Augenbraue an.
Als Derek uns sah, kam er sogleich an unseren Tisch. Nahm jedoch nicht Platz. Sondern blieb stehen. Er machte ein ernstes Gesicht und entschuldigte sich bei mir.
„Meine Mutter war der Meinung, es wäre gut, mit Giselle zu reden.“
Ich tat verständnisvoll. Obgleich ich im Inneren wütend war. Was ich mir niemals hätte anmerken lasen können. Weder vor Derek. Noch vor Gunnar. Was selbstredend bedeutet hätte, dass mir doch an Derek etwas liegt. (Was aller Wahrscheinlichkeit nach der Wahrheit entspricht.)
Was hatten die zu bereden? Verdammt noch mal! Ging es mir durch den Kopf.
Mir war klar, dass es seine Mutter lieber gesehen hätte, wenn er mit Giselle, anstatt mit mir, ein Bündnis einging. Sie schien ihr offensichtlich geeigneter als Ehefrau für ihren Sohn. Was ich durchaus verstand. Andererseits waren die Mütter niederen Standes oft (des Geldes wegen) bemüht, mich mit ihren Söhnen zusammen zu bringen. Magdalena jedoch schien hier eine andere Intension zu verfolgen. Vermutlich ging es ihr darum Großmutter zu werden und womöglich ebenso ein wenig um die Farbe der Haut. Aber hier war ich mir nicht sicher. Denn sie selbst war eine Weiße, die sich mit einem Farbigen eingelassen hatte. Warum sollte es sie ihrem Sohn verwehren aufzusteigen. Wo sie doch sah, was ich bereits für ihn getan hatte. Ohne mich, wäre er niemals so rasch in die Leitung eines solchen Unternehmens gekommen. Und vor allem, mit diesem Gehalt.
Aber vielleicht war es ja auch ganz anders. Womöglich war es ausschließlich ein Gespräch, um sie einer eingehenden Befragung zu unterziehen. Denn genau genommen war es noch nicht einmal unmissverständlich, dass Derek überhaupt der Vater ihres ungeborenen Kindes war. Magdalena scheint mir als Mutter so wie so strengstens darauf zu achten, mit WEM ihr Sohn verkehrt. Die beiden haben ohnehin ein unbeschreiblich enges Verhältnis zueinander. Derek liebt seine Mutter über alles. Und ER ist IHR einziger Sohn.
Auf dem Rückweg zum Haus, kam Gunnar aus dem Schmunzeln nicht mehr heraus.
„Wer hätte gedacht, dass Derek unter dem Pantoffel seiner Mutter steht.“, bemerkte er grinsend.
„Er liebt sie eben über alles.“, erwiderte ich. Obgleich es keinerlei Erwiderung meinerseits bedurft hätte.
Gunnar wechselte nun die Thematik, was mir in der Tat viel angenehmer war und kam auf meinen magischen Weg zu sprechen.
„Ich weiß, du hast dich endlich entschlossen, wieder magisch zu arbeiten. Dem Weg deiner Spiritualität zu folgen, wie es schon längst hätte sein sollen. Selbstverständlich werde ich dir dabei helfen, so gut ich es vermag.“
„Ja. Ich würde mich darüber freuen. Denn ich finde die Magie und alles, was damit zu tun hat, durchaus anstrengend.“
„Gunnar lächelte ein wenig und sagte dann: „Disziplin ist ebenso ein Faktor, welchen du noch nicht befolgst.“
Ich verzog das Gesicht zu einer Grimmasse. „Ich weiß. Aber wozu Disziplin? Sollen magische Handlungen nicht mit Freude verknüpft sein? Denn die Geister reisen auf diesen Impulsen, wenn eine Hexe glückselig ist.“
Gunnar lachte und stimmte mir zu. „Dennoch ist es wichtig, wie du weißt“, nun war Gunnar stehen geblieben und sah mich mit etwas strengerer Miene an, „auf seinen Körper zu achten, die Nahrung, die er zu sich nimmt, das Steuern und das beständige Lernen.“
„Ich weiß. Und WAS ist mit dir? Hast DU bereits ausgelernt?“
Nun war ein schallendes Lachen zu hören. „Nein. Natürlich nicht. Erik mahnt mich ohnehin immer wieder, doch endlich mit meinem Studium der Magie fortzufahren. Aber ich habe so wenig Zeit. Schließlich arbeite ich jetzt für deinen Vater.“
Ich fasste Gunnar bei der Hand. „Tue DAS, was DIR wichtiger ist. Mein Vater ist dabei völlig egal.“
Gunnar legte die Stirn in Falten. „Oh! Ich weiß nicht so ganz, ob das dein Vater genauso sieht.“