Gunnar
sehe ich derzeit eher selten. Unser gemeinsamer Rhythmus ist kaum noch
vorhanden. Entweder ist er mit den Kindern beschäftigt, oder drüben im Büro. Er
steht früher auf und frühstückt nicht mit mir. Die meiste Zeit bin ich mit
Alexa und den Kindern zusammen.
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Gestern
Abend, es war gerade so gemütlich geworden. Zumindest für mich. Ich hatte
meinen Kopf an Gunnars Schulter gelehnt und er seinen Arm um mich gelegt. Alexa
saß auf dem Sessel nebenan.
„Ich hätte
eine Bitte an dich.“, begann Gunnar und ich horchte auf. Denn derartiges, in
dieser Form, war nur selten von ihm zu hören. Ich drehte meinen Kopf zu ihm hin
und sah ihn erwartungsvoll an. Er schnaufte kurz, lächelte und sah zu Alexa
hinüber. Ich vermochte in diesem Augenblick nicht zu sagen, ob sie wusste, was
Gunnar mir zu offenbarte hatte.
„Ich
möchte dich bitten, eine Zeit lang auf die Kinder zu achten. Sie schlafen
ohnehin bereits. Es dürfte also kein großes Problem für dich sein.“
Ich sah
ihn mit großen Augen an und legte die Stirn in Falten. „Und?“
„Ich würde
gern für eine Weile mit Alexa in ihr Apartment gehen.“
JETZT
wusste ich Bescheid. Gunnar suchte die Befriedigung seiner sexuellen Begierde.
Schließlich war es bereits einige Zeit lang her, wo er das letzte Mal seinen
Schwanz in (mir?) irgendwem versenkte. Er hatte Druck, wie er stets lachend zu
sagen pflegte. Es musste raus.
Ist es
tatsächlich so prekär mit einer Sucht umzugehen, die einen innerhalb von Jahren
anerzogen wurde? Anscheinend doch.
„Okay.“,
sagte ich ein wenig gequält lächelnd und Verständnis heuchelnd und löste mich
aus seinem Arm. Alexa schlug die Augen nieder. Infolgedessen war ihr seine
Absicht bekannt. Andererseits wusste sie um Gunnars Dilemma. Wenn ich oder sie
es nicht war (in welcher er sich „erleichterte“), würde es sicherlich eine
andere sein.
Männer
sind einfach eine grauenvolle Spezies!
Aber
vielleicht wäre Gunnar nicht so, wenn er damals nicht den
Weg in diese Sekte genommen hätte. Schrecklich. Einfach schrecklich. Nicht nur
für ihn.
Gunnar sah
mich staunend an. Offensichtlich hatte er Gegenwehr, oder zumindest eine
zynische Bemerkung von mir erwartet. (Aber wozu? Ich hatte nicht die Absicht zu
streiten.)
Nach
meinem „okay“, wartete er nun nicht mehr lang. Stand auf und reichte Alexa die
Hand. „Komm.“ Sie folgte ihm ein wenig verlegen lächelnd.
Nun war
ich allein.
Entgegen
meines Vorsatzes versuchte ich Derek einige Male anzurufen. Nichts.
Dann, so
gegen elf, versuchte ich es bei Kevin. Zumindest ER war zu erreichen.
Ich entschuldigte
mich bei ihm, für diese späte Stunde und fragte an, ob er einige Minuten für
mich hätte.
„Aber
natürlich. Für dich doch immer, mein Schatz.“
Oho! Wie
das? Wo war seine Lebensgefährtin, dass er es wagte mich mit Kosenamen
anzusprechen?
„Deine
Janina ist offenbar gerade nicht anwesend?“
Kevin
lachte. „Wie hast du DAS nur erraten? Sie ist gerade im Bad. Sonst hätte ich
vielleicht nicht einmal abgenommen.“
Nun lachte
ich. „Oh! Danke für die Ehrlichkeit.“
„Immer
doch.“
DAS war
das Angenehme an Kevin. Er sagte DAS, was er gerade dachte. Ohne eine Blatt vor
den Mund zu nehmen. Und vor allem in einer Art, dass man ihm nie böse sein
konnte. Einfach genial. Obendrein war er ein Charmeur.
„Also, WAS
hast du zu so später Stunde noch auf dem Herzen, meine Schöne.“
Ich musste
innerlich so was von grinsen. Anscheinend war sie noch immer nicht wieder da.
Ich erzählte ihm von Gunnar und von Derek. „Wir müssen reden.“, sagte ich zu
ihm. Denn ich hatte einen Entschluss gefasst. Betreffs personeller Veränderungen.
Und es handelte sich um DAS, was ich schon einmal erwog zu tun. Kevin sollte
der Leiter des Zentrums werden. Ich vermutete, damit käme ich besser zurecht.
Nicht das Derek unzuverlässig gewesen wäre. Zumindest NICHT bisher. Aber
derzeit überspannte er den Bogen. Als Chef des Zentrum war
Verantwortungsbewusstsein gefragt! Da konnte man nicht einfach gehen, wie es
einem gerade passt. Vor allem, war er nicht einmal zu erreichen.
„Oho! Das
klingt aber sehr bedenklich.“, erwiderte er. „Insbesonder, wenn Frauen so was
sagen.“ Er lachte.
„Für dich
sicher nicht. Du hübscher Mann.“, raunte ich ihm den letzten Satz entgegen.
Ich hörte
ihn schmunzelnd „Hmmmm“, sagen. „Das klingt aber gut. Wann treffen wir uns
denn?“ Oh! Wie charmant er war!
„Jetzt
wirst du aber kess mein Lieber.“, witzelte ich.
„Oh Rea,
wir kennen uns doch so gut. Da könnte ich sonst was sagen.“
„Ja. Ich
weiß. Da hast du völlig Recht. Aber jetzt mal im Ernst. Wir hatten schon einmal
darüber gesprochen, dass ich DICH in der Position des Geschäftsführers lieber
sähe. Weißt du noch?“
„Ja. Ich
kann mich gut erinnern.“ Seine Stimme kühlte merklich ab und im Hintergrund
hörte ich Janina flüstern. „Dann sollten wir demnächst darüber sprechen.“
„Wird es
deiner Lebensgefährtin nicht zu viel, wenn du noch weniger Zeit mit ihr
verbringst?“
Kevin stockte
und ich wusste, am liebsten würde er mir jetzt sagen, dass er seine Zeit doch
eher mit mir verbringen würde, als mit ihr. Was er allerdings nicht konnte, da
sie zugegen war. Dennoch wagte er es. „Macht mir doch gar nichts aus. Aber nur,
wenn DU ebenfalls im Büro bist.“ Gut. Der Satz war unverfänglich. Er war schon
immer ein guter Diplomat. So sind wir Deutschen eben.
Wir
plänkelten noch ein wenig hin und her. Schoben uns versteckte Komplimente zu
und nach etwa einer halben Stunde, beendeten wir das Gespräch.
Zumindest
hatte ich nun aus seiner Tonlage und seinen Worten erfahren, dass er nicht
abgeneigt war, mit mir das Zentrum zu leiten. Für mich......erleichternd zu
wissen!
Ein wenig
später rief Derek an.
WOW!
Dachte ich, als ich auf dem Display seinen Namen sah. Wie das?
„Hey du.“,
blieb ich freundlich. Denn ich war in der Tat glücklich überhaupt von ihm zu
hören. „Wo bist du denn?“
Ich hörte
ein Schnaufen und dann ein Echo. „Hey du.“ Dann einige kurze
Worte der Erklärung, die besagten, dass sein Vater urplötzlich zu Besuch
gekommen war. Seine Mutter zwar erfreut darüber gewesen wäre, aber dennoch
nicht so sehr, dass sie ihn ständig um sich hätte haben wollen. So hätte er
frei genommen und wäre mit seinem Vater auf einem Tripp durch Schweden unterwegs.
Sein
Vater.......Ich dachte nach. War DAS nicht DER Mann, der noch eine andere Frau
in Japan mit mehreren Kindern hatte? Was war mit denen? Ich hoffte inständigst,
diese wären zu Hause geblieben und fragte sacht danach.
Derek
schien verstört, ob meiner Gedankengänge. Es dauerte eine kurze Zeit, bis eine
Antwort kam.
„Wie
kommst du darauf?“
„Nun, es
erschien mir nahe liegend. Oder etwa nicht? Wenn dein Vater dich besucht, dass
er gleichwohl seine japanische Frau und womöglich gleichermaßen einige seiner
Söhne, samt Partner und Kinder mit hier her bringt. Familie wird doch bei den
meisten Leuten groß geschrieben.“ Beinahe wäre mir ein EUCH entwichen.
Allerdings huschte mir Gunnars Familiensinn durch den Kopf. Da war kaum ein
Unterschied zwischen.....schwarz und weiß. Nur nicht feindseliger werden.
Dachte ich so. Rassismus wäre hier wohl völlig fehl am Platz.
„Ähh.
Nein.“, stotterte er. Was mich böses ahnen ließ. „Ähh. Ja. Natürlich hält die
Familie immer zusammen.“, sprach es weiter.
„Aber bisher war nicht die Rede davon, dass Naoko oder eines meiner
Geschwister hier her nachkommen soll.“
„Wer sagt
das?“, hörte ich seinen Vater fragen. Hörte er etwa mit? „Und warum rufst du
sie überhaupt an?“
Oh! Oh!
Mit diesem Vater, war anscheinend in der Tat für mich nicht gut Kirschen essen.
Was
hatte DER denn für ein Problem??? Die Stimme seines Vaters hatte mich wütend
gemacht. „Dein Vater ist nicht gerade an Frauen gewöhnt, die das Sagen haben?
Oder?“, platzte ich (wütend) heraus.
Ich
bemerkte wie Derek hüstelte. WO war jetzt seine Selbstsicherheit???
„Na ja,...ich,...ich....wollte
dir eigentlich nur sagen, dass ich mit meinem Vater für einige Tage unterwegs
bin und fragen, ob das so in Ordnung geht.“
„Du bist
bereits unterwegs. Oder etwa nicht? Stellt man solche Fragen nicht, bevor man
geht?“
„Ja. Äh.
Ja. Ich weiß. Verzeih. Du warst nicht da und ich habe dich nicht erreicht.“
„OH! Wie
das?“, nun vermochte ich meine Empörung nicht mehr für mich zu behalten. „Ist
es nicht vielleicht umgekehrt? ICH habe DICH nicht erreichen können!“
„Mag
sein.“, wurde seine Stimme fester und er fügte ihr noch eine Portion
Entschlossenheit dazu. „Ich hatte mit meinen Eltern zu tun und außerdem hatte
ich Kevin Bescheid gesagt.“
„O-k-a-y.“
Genau genommen kochte ich vor Wut und am liebsten hätte ich ihn noch tausend
Vorwürfe entgegen geschrieen. Was offensichtlich in diesem Augenblick ohnehin
gegenstandslos gewesen und ebenso falsch angekommen wäre. Wenn sein Pascha
ähnlicher Vater hinter ihm steht. Was hatte er für eine Wahl. Er stand
zweifelsohne unter dem Einfluss von ihm und unter Druck. Da war es offenbar
wenig sinnvoll, noch Giselle Carters Beförderung anzusprechen. Infolgedessen
ließ ich es, fragte noch, wann er zurückkommen würde und wünschte ihm eine gute
Reise.
„Liebst du
mich noch?“, hauchte ich als aller Letztes ins Telefon.
„Ja.“,
sagte er zwar einsilbig, jedoch um vieles sanfter. Was mich hoffen ließ, dass
sich alles wieder ordnet.
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Als Gunnar
und Alexa zurückgekommen waren, gingen wir schlafen. Ich mit Gunnar auf der
Couch und Alexa mit den Kindern in unserem Schlafzimmer.
Heute
Morgen das gleiche Bild. Gunnar hatte sich des Nachts zu Alexa und den Kinder
gelegt.
Ich weckte
ihn und er kam noch für eine Stunde zu mir auf die Couch.
Als ich
das nächste Mal vom Geschrei der Kinder erwachte, war er bereits nicht mehr da.
Inula Castanea war zu mir auf die Couch gestiegen. Óðinn Asger folgte ihr. Da war kein
Schlafen mehr. Alexa hatte alle Hände voll zu tun und ich sah ihren flehenden
Blick: Hilf mir. Infolgedessen stand ich auf.