Gunnar war
in der Tat ungeduldig geworden, alldieweil ich gestern noch so lange schrieb
und sich so der Lunch zum Nachmittag hin verzögerte. Natürlich hatte Recht
damit. Genau genommen hätten wir gleich anschließend Kaffee trinken können sollen
und........taten es auch.
Da ich
gleichwohl am Nachmittag die Finger nicht von der Tatstatur lassen konnte
(stark Sucht gefährdet!), war Gunnar zu seinem Halbbruder Taylor gegangen. Aber
genau genommen empfand ich es stets umgekehrt. Gunnar ließ mich zu viel allein
und daher hatte ich mich an mein Notebook gewöhnt. Dieses Wochenende hatte er
sich offenbar Ziele gesetzt und vorgenommen mit MIR zusammen zu sein. Zumindest
schon einmal ETWAS!
Als mein
Ehemann gegen halb sieben zu mir zurückkam, roch sein Atem nach Bier. Was
ich......sachte......monierte.
„Ahhhh.
Drei, oder vier waren es. Nicht mehr.“, spielte er es herunter. „Hjalmar war
auch dort gewesen und Gustav.“, lenkte er meine Aufmerksamkeit auf seine
Brüder.
„Okay.
Wenn DU nicht zu ihnen kommst, komme sie zu dir. Oder?“
Gunnar
lachte. „Ja. Kann schon so sein. Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, kommt
der Berg eben zum Prophet.“, bemerkte er und schlagartig wich die gute Laune
von mir und mein Gesicht erstarrte.
„Es tut
mir leid, dich zu ermahne. Aber ich mag diese Worte nicht mehr. Sie haben seit
einiger Zeit einen all zu bitteren Beigeschmack bekommen. Schuld daran, sind
diese Leute selbst.“
„O-k-a-y-.
Und was hast du so alles gekauft?“, Gunnar zwinkerte mir zu, denn er kannte
mich genau. Überdies wechselte er nun abrupt das Thema, um die Situation wieder
aufzulockern. Ich stieg darauf ein.
„Ich war
nicht nur shoppen.“, rechtfertigte ich mich. „Ich sprach mit Mary Rainbow Woman
und Marie, meiner Schwester. Fragte sie, ob sie bereits einen Flug gebucht hat
und ob unsere Eltern ebenfalls den Weg zu uns finden.“ Nun wendete ich mich an
Gunnar direkt. „Was ist mit Erik? Wird er sie trauen?“
„Ich
erreiche ihn nicht. Er ist bestimmt mit Viggo und Joseph im Wald. Es ist
immerhin die Tag- und Nachgleiche.“ Gunnar sah zu mir herüber und bemerkte wie
nervös ich deshalb war. „Keine Sorge.“, beruhigte er mich. „Er ist sicherlich
dazu bereit. Allerdings müssen sie sich, genau wie wir, auf vorgeschriebenem
Wege vermählen lassen. Dafür sind noch zahlreiche Vorbereitungen zu treffen.
Wann kommen sie denn?“
„Marie
äußerte sich noch nicht exakt dazu. Sie meinte nur, zu Beginn des nächsten
Monates. Dann wären schließlich noch vier Wochen Zeit, um das Fest
vorzubereiten.“
„Okay. Das
ist gut. Ich freue mich schon auf meine Kinder.“, und im selben Moment viel
Gunnar in ein trauriges Schweigen.
„Was hast
du?“, fragte ich leise an.
Er
schnaufte. „Könnte meine Mutter nur noch hier sein. Sie wäre sicher glücklich,
mit ihren Enkelkinder spielen zu können.“
Der Abend
geruhsam. Und erneut viel zu spät ins Bett. Es war so gegen halb zwei.
Ich schaffe
es einfach nicht, früher den Weg ins Schlafzimmer zu finden. (Was wohl ein
wenig mit Phlegmatie zu tun hat.) Kein Sex. Ich war, wie stets am Abend, viel
zu erschöpft dafür.
Aber
womöglich gehe ich gleichwohl auch deshalb so spät zu Bett, dass ich rasch einschlafen
kann. Denn dann hat bereits Fatique zugeschlagen und ich fühle mich, als hätte
man mir K.-o.-Tropfen verabreicht. In diesem Zustand ist es leicht in den
Schlaf zu finden. Innerhalb von wenigen Minuten wandle ich, für gewöhnlich, auf
dem Pfand in den Traum. Sei denn, es gäbe noch etwas zu bereden. Was mir dann
nur mäßig gelingt. Ich antworte dann zumeist nur noch so, als hätte ich eine
gute Flasche Whisky getrunken.
Am Morgen
dann Sex. Beinahe unvermeidlich bei Gunnars Appetit. Es ist ohnehin wie ein
Wunder, dass ihm der Entzug so la, la gelingt.
„Jeder hat
so seine Süchte und Abhängigkeiten.“, meinte er heute Morgen und spielte auf
mein Notebook an. Während ich ihn fragte, ob er tatsächlich die ganze Nacht bei
mir gewesen war und am gestrigen Nachmittag NUR mit seinen Brüder getrunken hätte.
„Ja. Auch
wenn du es nicht glaubst. Ich habe meine mir selbst auferlegte Prüfung
bestanden und dich nicht betrogen.“
Ich war
erstaunt. Gunnar lächelte milde. „Siehst du, wie ich mir Mühe gebe. Jeder hat
so seine Ziele von uns.“ Er lächelte und streckte seine Arme nach mir
aus......in die ich flog.
Bevor
Gunnar nach Stockholm fuhr, erinnerte ich ihn an Magnus Karlsson.
„Oh! Ja.
Natürlich. Ich werde ihn fragen.“
Und ICH
habe mich jetzt um die Personalakten zu kümmern und Entscheidungen zu treffen.
Obendrein verschlief ich heute Morgen das Briefing. Ich hätte im Büro sein
müssen. Was bedeutet, dass ich mich in jedem Fall zum Lunch mit Derek treffen
und informieren werde, was gesprochen wurde. Oder sollte ich lieber Kevin
fragen. Ihm vertraue ich doch (eigenartiger Weise? was offensichtlich an
unserer gemeinsamen Vergangenheit liegen mag, und womöglich auch daran, dass er
Deutscher ist.) viel mehr.