Sonntag, 29. September 2013

Spekulation? Oder Wahrheit?



Ich trotzte. War wütend und zornig. Hatte mein iPhone abgeschaltete und wusste am Ende selbst nicht mehr so genau, warum ich eigentlich nach Stunden noch immer so mürrisch gewesen war.
Anstatt gereizt zu sein, sollte ich besser drüber nachdenken, was nun zu tun war.
Ich entschuldigte mich bei Troels, der mich verzeihend in seine Arme schloss.
„Du bist mit deinen zweiunddreißig Jahren immer noch ein wildes, reizbares und launisches Mädchen.“ Er drückte mich an sich und wir sprachen eine ganze Weile über alles, was mich bewegte.
Er war geduldig, hörte mir zu und unterbrach mich nicht.
Für mich war es letztendlich erleichternd mit jemandem SO reden zu können.
Troels ist in der Tat ein guter Freund und bewies sich gleichwohl als solcher.
Er riet mir sogar meinen Groll und vor allem meine Eifersucht zu vergessen und zu Gunnar ins Hospital zurück zu kehren.
Ich wusste, dass er Recht hatte und folgte seinem Rat.


Als ich dort ankam, war das Zimmer leer.
Herr Sølgård hätte auf eigene Verantwortung das Hospital verlassen. Sagte man mir.
Sodann begab ich mich auf den Weg ins Zentrum.

Unterwegs sprach ich mit Wanja. Der mich am aller liebsten von seinem Flugzeug hätte abholen lassen. Eine Option, welche ich selbstverständlich jeder Zeit in Anspruch nehmen könne. Wie er mir versicherte.
Im Zentrum angekommen, sah ich von weitem Gunnars Wagen vor unserem Haus stehen. War er tatsächlich selbst hier her gefahren? Unmöglich!
Ich hielt direkt vor dem Haus. Stieg aus und rannte die Verandatreppe hinauf. Öffnete freudestrahlend die Tür, um meinen morgendlichen Eifersuchts- Lapsus wett zu machen und blieb erneut wie angewurzelt stehen.
Elena
Ich schnaufte, wendete und wollte das Haus wieder verlassen.
„R-e-a! Komme her!!“, schrie Gunnar, wie ich ihn noch nie hatte schreien hören.
Ich blieb stehen, drehte mich jedoch nicht zu ihm um.
„Komm her und setzt dich.“, wurde seine Stimme ruhiger. „Und benimm dich einmal wie eine erwachsene Frau, anstatt wie ein eifersüchtiges trotziges Gör.“
DAS hatte er jetzt nicht wirklich, und noch in Elenas Gegenwart gesagt?
Ich musste eine sekündliche Entscheidung treffen. Sollte ich davon fahren und das „Feld“ einer anderen überlassen? Oder sollte ich mich der Situation stellen?
Ich schnaufte erneut. Jedoch dieses mal kaum hörbar. Biss mir auf die Lippen, drehte mich um und ging auf die beiden zu.
„Ich wartete heute Morgen auf dich. War froh gewesen, dass du da warst und wir hätten nach Hause fahren können. Aber du musstet absurder Weise davon rennen.“, sprach Gunnar unbeeindruckt weiter. „So bat ich Elena mich nach Hause zu bringen. Würdest du sie bitte zurück nach Stockholm fahren?“
Ich japste. „Bin ich etwa ihr verdammter Chauffeur?“, presste ich heraus.
„Rea. Bitte. Jetzt benimm dich.“
Am liebsten hätte ich mir die Ohren zugehalten. Denn genau diese Worte kannte ich nur zu gut von meiner Mutter. Es war einer der Gründe, warum ich damals begann meine eigenen Wege zu gehen.
Okay. Dachte ich. Contenance bewahren. Alles andere wäre in der Tat lächerlich gewesen.
Ich räusperte mich. Ging noch einen Schritt weiter auf die beiden zu und setze mich neben Gunnar auf die Couch. Elena saß neben uns auf dem Sessel und grinste. Sie schien mich tatsächlich auszulachen. Kein Wunder! Schoß es mir durch den Kopf, als ich mein Verhalten Revue passieren ließ.
Ich schluckte, räusperte mich erneut, drehte den Kopf und sah Gunnar fest in die verbundenen Augen. „Du hast Recht. Es war in der Tat töricht von mir heute Morgen davon zu laufen. Natürlich bringe ich sie nach Hause.“
Gunnar stutzte und ein leichtes Lächeln huschte über sein Gesicht. Sofern ich dies angesichts der Verbände und Pflaster so zu deuten vermochte.
„Ist schon gut. Ich bleibe hier im Zentrum.“, mischte sich Elena das erste mal ein.  „Muss am Montag so wie so hier arbeiten. Dann kann ich auch ab und an mal bei dir vorbei schauen.“, sagte sie zu Gunnar gewand.
Bei diesen Worten himmelte sie Gunnar förmlich an.
„Somit wäre dann alles geklärt.“, sagte ich, gab Gunnar einen Kuss auf die Wange und stand auf um ins Bad zu gehen.
Ich hörte, wie sich die beiden begannen erneut zu unterhalten, gerade so, als sei nichts weitere geschehen.
Als ich zurück ins Zimmer kam, war Elena gegangen.
„War es tatsächlich vorteilhaft für dich, das Hospital schon heute zu verlassen?“
„Du bleibst ebenso nicht länger, wie du musst. Oder?“
„Ja. Natürlich.“, musste ich gestehen.
„Und jetzt komm her zu mir und höre endlich auf, mit deiner verdammten Eifersucht. Das ist ja krank. Lerne teilen.“
Ich stutzte. „Was soll das nun wieder bedeuten?“
„Das, was ich sagte.“
„Fickst du jetzt mit allen oder was? Soll ich mein, unser Bett mit allen teilen?“
Gunnar stöhnte. Griff sich an den Kopf. „Au! Scheiße.“, fluchte er. „Es geht hier doch nicht ums Ficken Rea. Es gibt auch noch andere Menschen außer dir, mit denen ich gelegentlich zusammen bin. DAS meinte ich mit TEILEN.“
„Aber du fickst sie.“, beharrte ich auf meinem Standpunkt.
Gunnar schnauft. „Ja. Wir haben gefickt. Vor einiger Zeit. Davon erzählte ich dir bereits.“ Was mir vermitteln sollte, dass es bereits vor längerer Zeit geschehen war. Das stimmte jedoch nicht. Es waren erst zwei Wochen.
„Was soll ich um der Götter Willen denken, wenn sie ständig bei dir ist?“
„Rea. Bitte. Denkst Du nicht, dass mir derzeit nicht wirklich nach Ficken zu mute ist? Oder danach Eifersuchts –Debatten zu führen. Kannst du das nicht verstehen?“
Ich stimmte ihm nickend zu. Was er natürlich nicht sah.
„Außerdem kommt täglich ein- oder zweimal der Arzt oder eine Schwester vorbei und sieht nach den Wunden.“
„O-k-a-y-.“, sagte ich lang gezogen. Jeden Buchstaben betonend.  


Der Rest des Tages war beschaulich. Wir sahen fern. Beziehungsweise „hörten“ fern.  Ich beruhigte mich, kehrte zur Normalität zurück und wir begannen über Alltägliches zu reden.
Zwischendurch skypte Gunnar mit Adam, Marie und den Zwillingen. Natürlich konnte er sie alle nur hören. Nicht sehen.
Ich ging in dieser Zeit kurz nach draußen, um Troels über die „Neuigkeit“ von Gunnars Heimkehr zu unterrichten und dass ich nun vorerst nicht zu ihm kommen  könne.

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So verletzlich, so unselbständig hatte ich Gunnar noch nie erlebt. Stets war ER der starke Mann an meiner Seite. Der nie krank, schwach oder ganz und gar  pflegebedürftig gewesen war.
Wie soll ich nun damit umgehen?
Gunnar legte mir noch einmal nahe, dass ich daran gehen sollte im Leben tatsächlich mein eigener Chef zu sein. Entscheidungen zu treffen. Meinen Tag zu planen.
„Ich weiß, dass du mich brauchst. So wie ich dich.“ Sein Ton war milde und er schien ein wenig zu lächeln. „Wir waren und werden für immer zusammen sein. DAS steht außer Frage. Aber du kannst nicht erwarten, dass wir vierundzwanzig Stunden täglich beieinander sind. DAS würde selbst dir nach einiger Zeit unbehaglich werden. Meinst du nicht?“
„Ja. Du hast Recht.“
„Wir können gemeinsam deinen Tag planen. Alles besprechen. Gemeinsam lesen, Musik hören, imaginieren, strömen, meditieren. Aber das alles vermagst du sicher ebenso allein zu tun. Nicht wahr?“
Ich hüstelte. „Ja.“, war meine einsilbige, verhaltene Antwort.
„Natürlich ist es  angenehmer, erfreulicher, auch für mich, wenn wir das alles  gemeinsam tun. Aber jeder braucht in gleichem Maße etwas Zeit für sich selbst. Zudem muss ich schließlich auch noch arbeiten.“
Ich glaube, er wollte damit sagen, dass ich ihm Freiraum gönnen soll. Nur, was tut er damit? Elena Ficken? Sich von Siv den Arsch versohlen lassen?
„Du hast deine Freiräume.“, sagte ich leise und mit warmherziger Stimme. „Gehst zum Fußball. Triffst dich mit deinen Brüdern und Freunden. Gehst aus und trinkst. Ist das nicht genug?“
Gunnar räusperte sich. „Ja., Natürlich. Man muss das von Fall zu Fall entscheiden.“
„Außerdem diente diese Schönheits-OP doch nicht ausschließlich privaten Zwecken.“
Gunnar kratzte sich am Kopf. „Autsch! Verdammt.“, fluchte er.
Ich musste grinsen.
„Nein. Natürlich würde ich gern ein wenig modeln und schauspielern, wenn du es mir erlaubst.“
„Jetzt werde nicht zynisch!“, erwiderte ich zischend, aber dennoch scherzend. Wer weiß, ob du überhaupt zum Superstar wirst.“
„Lass es mich wenigstens versuchen?“
„Und was wird mit uns passieren, wenn es tatsächlich geschieht?“
„Im Augenblick ist dies noch eine rein hypothetische Frage. Warum sich jetzt schon mit spekulativen Realitäten belasten?“
Seine Antworten vermittelten mir den Eindruck, als würde er sich genau um diese winden wie ein Wurm. Andererseits, hatte er Recht. Wozu jetzt bereits etwas beklagen, was noch keine Realität war. Aber mit seinem Denken und Tun „imaginierte“ er eine Solche. So dass sie möglicherweise doch irgendwann zur Wahrheit würde. Das Modeln, mag es gleichwohl durch seines Bruders Unterstützung sein, ist tatsächlich bereits zur Realität geworden.


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Empfindungsbarometer:
- Nicht enden wollende Magenprobleme. 
- Ein gefühlter, schwebender Zustand der Ungewissheit.


In eigener Sache

Nun würde ich doch lieber wieder die Amerikaner als die mir „zu viel“ erscheinenden  Indonesier auf meinem Blog begrüßen.
Ich glaube kaum, dass sie tatsächlich an meinem Leben interessiert sind.
Wurden die Such- und Aufklärungsmaschinen nur umgeleitet?
Welches Land wird das nächste sein? China?