Lamentierendes Gezeter, wo die
gefühlte Einsicht bereits hinter der nächsten Tür lauert.
Sie muss nur geöffnet werden.
Über
die Abneigung zu den Kindern, schlichen sich ebenso die vertrauten, trotzigen
Gefühle über eine unangenehme Situation, in der ich mich befand/befinde oder
wähne, wieder ein.
Es
war und es ist, als sei ich eine Außenstehende. Nicht dazu Gehörende. Kaum
Beachtet. Nur gelegentlich wahrgenommen.
Jedoch
erahne ich in meinem tiefsten Inneren, dass der Grund dafür ausschließlich ich
selbst bin. Nur mag ich es mir, und andern, nicht zugestehen. Es wäre eine
Niederlage. Eine Schande. Eine Schmach meinem ich, meinem Ego gegenüber. Was
mir im Augenblick noch immer so überaus wichtig erscheint.
Daher
kann ich es nicht zulassen, ins Aus manövriert zu werden. Von diesen kleinen
Scheißerchen.
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Melancholie
erfasst mich.
Die
Kinder sind mir ein Ärgernis. Der Dorn im Auge.
Gunnar
strich mir über die Wange. „Sei doch nicht so traurig. Alles ist gut.“
Gut?
Nichts ist gut, dachte ich und schob seine Hand, mit welcher er zuvor seine
Kinder berührt und getragen hatte, und die in Folge dessen nach ihnen roch,
sanft beiseite. „Lass mich jetzt bitte in Ruhe.“
Gunnar
schnaufte. Ahnte, kannte den Grund. Räusperte sich und schüttelte mit
Unverständnis den Kopf.
An
den laufenden Gesprächen im Raum beteiligte ich mich ebenso wenig. Nahm eher
eine apathische Haltung ein.
Mir
scheint die Geselligkeit in der Tat nicht sonderlich zu liegen. Und noch viel
weniger die Aufzucht von Jungen. Oder ganz und gar liebevolle, mütterliche
Gefühle für die Kleinen zu entwickeln.
Ich
war müde und gleichzeitig auch nicht.
Hatte
nicht die Absicht mit den Zwillingen, Marie und Adam in einem Zimmer zu
nächtigen. Wollte viel mehr einen separaten Raum für mich und Gunnar. Dachte in
diesem Augenblick an die Zeit, als ich Gunnar noch nicht kannte und Adam allein
hier besuchte. Mit ihm in seinem Bett lag und er alles für mich tat. Am Tag und
in der Nacht.
Gunnar
würde einem Einzelnzimmer jedoch nicht zustimmen. Alldieweil er nun sein
Vaterglück in vollen Zügen zu genießen vermag. Am Tag und in der Nacht.
Am
aller liebsten, würde ich nach Hause fliegen.
Dennoch
ging ich mit Unzufriedenheit zu Bett, um im Schlaf zu versinken, (wenn man mich
schlafen ließ!), wo mein Bewusstsein nicht
mehr hier, auf dieser Ebene weilen muss.
So
werde ich gewissermaßen beständig kühler. Kälter. Zu allen. Gleichgültig wie
viel Mühe sie sich auch geben mögen, oder nicht.
Selbst
die Massage, welche Mary mir kurz vor dem zu Bett gehen anbot, lehnte ich ab.
Ohnehin mag ich es nicht von Frauen berührt zu werden. Schließlich bin ich
keine Lesbe. Es wäre ungewohnt. Beschämend. Sogar unangenehm. Eine Ausnahmeerscheinung
mag die ausgebildete Physiotherapeutin sein. Von Elena, würde ich mich dennoch
genauso wenig be-handeln lassen.
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Ist
es tatsächlich SO, wenn man Kinder hatte?
Kein
Schlaf. Weder am Tag noch in der Nacht. Man selbst und alles andere tritt in
den Hintergrund. Im Mittelpunkt stehen die Kinder, denen alles untergeordnet
ist.
Nein.
Ich weiß, warum ICH niemals welche haben werde!
Man
mag es Selbstsucht nennen. Jedoch tue ich ausschließlich DAS, was man mir beständig
nahe legt. Auf mich selbst zu achten. (Was bei näherer Betrachtung doch eher
eine fadenscheinige Ausrede vor mir selbst und anderen ist.)
Das
Problem mag darin bestehen, dass ich gewohnt bin und erwarte, die einzige Person
im Zentrum zu sein. Gleichgültig, wen auch immer es betreffen mag. Gunnar, Das
Personal oder andere Männer. Ich dulde keine Rivalen oder Rivalinnen in meiner
Gegenwart. Was am Ende wohl bedeutet, dass ich zukünftig lernen muss rücksichtvoller, umgänglicher, demütiger,
zugänglicher und nicht zuletzt offener zu werden/zu sein. Wie Gunnar und Mary
es mir rieten.
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„Magst
du Tate´ogna nita pehin?“, fragte Mary und ich sah sie zweifelnd an.
„Nein.
Nein. Nicht wie du denkst.“ Sie lachte.
„Du
bist mit ihm zusammen. Oder?“, nutze ich die Gelegenheit, um meine Neugier zu
stillen.
Erneutes
Lachen. „Was heißt das schon? Zusammen.“ Sie zwinkerte mir zu. „Er ist weder
mein Ehemann noch mein Geliebter. Nichts von alledem und alles. Die Romantik
bleibt auf dieser Schicht des Seins. Unsere Verbindung ist tiefer als alles
Physische.“
Ihre
Antwort verwirrte mich. „Aber ihr seid doch ein Paar?“ Ich sah sie fragend an.
„In dieser Ebene des Seins?“, setzte ich nach.
„Nein.“
Marys Gesichtausdruck wirkte verklärt. „Oder gelegentlich ein bisschen.“
Ich
räusperte mich. Stutzte. War mir
unschlüssig, was sie meinte. Bohrte jedoch nicht weiter nach. Später. Dachte
ich. Später würde ich womöglich noch einmal die Gelegenheit erhalten mehr
darüber zu erfahren. Oder auch nicht.
Wir
gingen eine Weile schweigend nebeneinander her.
„Was
ist mit mir und Gunnar?“, fragte ich Mary.
„Was
soll mit euch sein?“
„Gunnar
betont wieder und wieder, wir seien füreinander bestimmt und bereits in vielen
anderen Leben auf irgendeine Weise verbunden gewesen.“
„Ja.“
Ich
lauschte. Wartete.
Ja?
War das alles?
Ich
hasse diese vagen, verschwommenen, verworrenen und unverständlichen Äußerungen.
Mary
schnaufte leicht. Pressten die Lippen aufeinander und zog die Augenbrauen nach
oben.
Sie
hatte meine Gedanken gelesen. Genau, wie Gunnar es stets tat.
„Öffne
deinen Geist, und du verstehst, was ich meine. Wahre Liebe, ist viel mehr als
dieses physische Zeugs.“, sagte sie schlussendlich.
Wie
öffnet man den Geist? Wollte ich fragen. Aber im Grunde war mir unbewusster
Weise klar, dass die Lösung, die Antwort nur in mir selbst und in meinem Willen
lag. Was in gleichem Maße Gunnars Kinder betraf und alles andere.