Unstimmigkeiten
Troels moniert im gleichen Maße wie alle anderen, dass ich
beständig zu viel im Internet surfe. In die Tasten tippe und an Bildschirmen,
gleich welcher Art, meine Zeit verbringe.
Ich hingegen bemängelte, dass er, Troels, sich zu wenig um
mich kümmere und, wenngleich lächelnd und in höflichem und nicht wirklich ernst
zu nehmendem Ton, zu viel von mir erwarte.
„Du bist ein eigenständiger Mensch. Oder etwa nicht?“, warf
er ein.
Möglicherweise bin ich es gleichwohl gewöhnt umsorgt zu
werden. Troels tut das nicht so vehement wie beispielsweise Gunnar. Wenn er
denn bei mir ist.
Troels scheint zuweilen meine Kränklichkeit komplett zu
ignorieren. Gerade so, als sei ich völlig gesund. Animierte er mich doch zur
Bewegung und sportlichen Aktivitäten. Wo ich meine Kraft sehr wohl überlegt
einteilen und gelegentlich pausieren muss. Gunnar weiß das und sogar Wanja
achtet darauf.
Genau genommen müsste Troels es in gleichem Maße wissen.
Wir sind nun bereits auf irgendeine Weise ein ganzes Jahr verbunden. Am 23.
Oktober 2012 war es das aller erste Mal für uns beide, dass wir uns so vollends
überraschend und hastig einander hingaben. Andererseits, waren wir nie länger
als ein oder zwei Nächte zusammen.
Natürlich ist er liebevoll und verständig. Fragt, wie es
mir geht. Ist bemüht meinen Wünschen nachzukommen. Ohne Frage. Aber er scheint
der Einzige, der mit mir umgeht, als wäre ich zur Gänze leistungsfähig.
Mag sein. Mitleid ist mir in der Tat zuwider. Und ebenso
wenig, dass man mir mein Leiden ansieht. Es ist mir zur Gewohnheit geworden
„normal“ erscheinen zu wollen und vor allem die Contenance zu bewahren.
Ich vermag noch nicht einzuschätzen, welche Art mit mir zu
sein, die bessere für mich ist. Troels? Gunnars? Oder Wanjas?
Zuweilen denke ich darüber nach, dass wir, Kevin und ich,
mit unser beider Leiden und Gebrechen gut zueinander passen würden. (Was ich ihm
gegenüber heute noch per SMS anklingen lassen werde). Er scheint ohnehin mit
sich zu hadern, seine Frau darüber in Kenntnis zu setzen, dass ich weiß, dass
er lebt und mit mir erneut in Kontakt steht. Alldieweil er offensichtlich den
Wunsch hegt, mich hier in Schweden zu besuchen.
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Ein guter Tag
In der Tat ermunterte mich Troels am gestrigen Tag zu
zahlreichen körperlichen Aktivitäten. Als hätte er sich nicht mit der „Einen“
begnügen können. Was keinem bisher gelang, weder Gunnar, noch Wanja oder Mary,
hat er vollbracht. Ich überwand meine, möglicherweise von mir gesetzten Grenzen
und ging ein Stück mit ihm walken, absolvierte meine Übungen, zuzüglich Qi
Gong, und am Abend waren wir sogar noch aus und feierten unser Jubiläum. Es
wurde gegen drei Uhr nachts, als wir zu Bett gingen und selbst da fand der Tag
noch kein Ende. Meine sonstige Müdigkeit hatte ich auf irgendeine Weise auf Eis
gelegt, was in einem kurzen jedoch hitzigen Ineinander zu schmelzen begann.
Für mich ähnelte es einem kleinen Wunder, dass ich innerhalb
so weniger Stunden zu so viel fähig gewesen war.
Aber vielleicht, hatte ich auch nur „einen guten Tag“.
Das Einzige, was Beklemmung und eine Menge alter
Erinnerungen hervorrief, war der kombinierte Geruch von Alkohol und Zigaretten,
den Troels verströmte. Was ich jedoch an diesem besonderen Tag vermochte zu
ignorieren.
Natürlich sagte ich nichts. Denn ich bin mir sicher, dass
ich es ihm gegenüber bereits des Öfteren erwähnte, dass mir diese Verbindung
aufs Äußerste widerstrebt.
Bevor ich einschlief, dachte ich an Gunnar. Dass ich damals
schon, als ich ihn kennen lernte, an seinen Worten hätte erkennen müssen, dass
er die „schmerzlichen“ Varianten bevorzugt. Mit mir war er überaus zärtlich
gewesen, in unseren ersten gemeinsamen Nächten. Aber dann, so allmählich begann
er zu beißen und sprach damals bereits von einem „süßen Schmerz“.
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Ich bin müde heute Morgen. Trotz aller Späte des zu Bett
Gehens, erhoben wir uns sehr früh. Und Troels lässt nicht nach. Fordert mich
auf, mich zu bewegen. Obgleich es mir mit Nichten danach ist.
Nun, womöglich erreicht er sein Ziel noch im Laufe des
Tages.