Mittwoch, 9. Oktober 2013

Re-member



Gunnar kam gerade im selben Augenblick zur Tür herein, als ich meinen diary Eintrag beendet hatte.
Ich stand auf, lief ihm entgegen und fiel meinem erstaunten Ehemann mit überschwänglicher Freude um den Hals.  
Ich fragte nichts. Ich küsste ihn stattdessen auf den Mund und sah ihm mit strahlenden Augen an. „Ich liebe dich.“, sagte ich und küsste ihn erneut.
Gunnar lächelte betreten. Schien sich jedoch, ob meiner unerwarteten Reaktion ein Herz zu fassen und drückte mich ebenfalls an sich. „Ich liebe dich auch. Meine Schöne.“, hauchte er mir ins Ohr.
Ich brauchte, wünschte keine Erklärungen mehr. Wo er war, oder was er getan hatte, war mir gleichgültig.

Es war gerade so, als hätte ich mich das erste Mal seit langem “richtig“ an-gesehen,  als ich in Troels Badzimmer stand und in den Spiegel schaute.
Irgendetwas war da mit mir vorgegangen. Irgendetwas hatte sich verändert. Ich hatte mich rück-erinnert, an DIE, die ich tatsächlich bin. Und es wäre mit Sicherheit von großer Wichtigkeit für mich, diese Impulse weiter zu verfolgen.

Meine ganze Suche nach Gunnar kam mir nun angesichts meines neuen, oder zurück geholten Selbstwertgefühles so sinnlos vor. Aber es war viel mehr als das. Dieses schwingende, schwebende Gefühl der grenzenlosen Liebe war noch immer gegenwärtig.
Da war kein Argwohn, als ich Gunnar mit schuldbewusster Miene zur Tür  hereinkommen sah. Keine Missgunst. Keine Eifersucht. Obgleich mir klar gewesen war, dass er soeben aus einem anderen, aller Wahrscheinlichkeit nach Sivs Bett gestiegen war.
Auf irgendeine Weise schien sich mein Bewusstsein verändert zu haben.
Und das hatte ein einziger Blick in den Spiegel ausgelöst?
Sah ich nicht jeden Tag unzählige Male mein Spiegelbild?
Es kommt offensichtlich darauf an, aus welchem Blickwinkel man die Dinge betrachtet.

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Natürlich kam die unausweichliche Entschuldigung für das späte Kommen. Die Erklärung, wo er gewesen war. Und zwar genau dort, wo ich ihn vermutete. Bei Siv.
Er wäre eingeschlafen und sie hätte ihn am Morgen nicht geweckt. Fadenscheinige Erklärungen mit gesenktem Blick und ständigem Räuspern usw.
Nichts desto trotz bekräftige er wieder und wieder, als er bemerkte, dass ich ihm schon längst vergeben hatte, dass er mich liebe und um nichts in der Welt verlieren möchte. Das wir zusammen gehören. Füreinander bestimmt wären und alles andere ohnehin nicht von Relevanz.

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And now let’s fly to Winnipeg.