Freitag, 11. Oktober 2013

Einblicke



Der Wandel ist vollzogen.
Es war schwer einen Anfang zu finden.
Einen Anfang, der immer schon da war.
Welchen ich jedoch nicht sah. Nicht wahrnehmen wollte.
Die Zeit war flüchtig und leicht.
Wozu verharren?
Warum nachdenken über etwas, was später sein kann.

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Es gibt so viel zu berichte. Von Marie, Adam und den Kindern. Zu erzählen von den Menschen hier in der Gegend. Insbesondere von Adams Familie und unseren gemeinsamen Freunden.
Agnes und Leo räumten für die Dauer unseres Besuches ihr kleines Häuschen. Sie schlafen bei den Nachbarn. Es ist ein unruhiges, und ungewohntes Schlafen. Alldieweil wir uns das Zimmer mit Marie, Adam und den Babys teilen. Mary und Tate´ ogna nita pehin schlafen in einem noch kleineren Raum neben dem unseren. Ich kann nicht sagen, ob sie ein Pärchen sind. Bisher vermochte ich noch keine untrüglichen Zeichen dafür zu finden. Tate´ogna nita pehin, Rodney ist ein gut aussehender Mann mit langem, schwarzen Haar. Ich schätze ihn so alt wie Gunnar. Möglicherweise auch einige Jahre älter. Sein wahres Alter erfuhr ich bisher nicht. Man lächelt und schweigt. Bei Mary ist er ähnlich.

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Ein kurzes Aufbäumen meiner labilen Energiereserven ließ mich gestern voller Enthusiasmus meinen diary Eintrag schreiben, den Gesprächen der anderen lauschen und Gunnar beobachten, wie er mit den Zwillingen spielte. Jedoch die energetische Phase hielt nicht lange an. Bereits nach wenigen Stunden übermannte mich erneut ein tiefer Schlaf.
Ich träumte von, wie konnte es anders sein, der Bärin und als ich erwachte wünschte ich, meine wundersame Wandlung der Liebe zu allen Wesen, beträfe in gleichem Maße meine Gefühle Gunnars Kindern gegenüber. Das ich sie ebenso lieben könnte, wie es alle anderen tun. Denn genau dies wurde bereits moniert. Als Gunnar abends im Bett noch unzählige Fragen stellte, wie: „Warum bist du so kühl mit Mary? Und die Kinder magst du noch immer nicht.“ Was er nüchternen und bedauernd feststellte. „Du hast kaum einen einzigen Satz von dir gegeben.“
In der Tat hatte ich bislang die gemeinsame Zeit mit den anderen damit verbracht, ihren Gesprächen zu lauschen und sie zu beobachten. Was nun völlig in Ordnung sei. Wie Gunnar bemerkte. Nur könne ich mich doch ebenso an der Konversation beteiligen. „Du musst dich öffnen. Lebensfroher, ausgeglichener und zufriedener sein. Viel mehr lachen. Wie die meisten anderen hier. Und teilen lernen.“ Bei dem letzten Satz hatte Gunnar leicht gezwinkert und dann die Blick für einen kurzen Augenblick abgewendet, während er  sich auf die Lippe biss. Ich wusste genau, was er damit meinte. Fragte jedoch: „Teilen? Mit wem?“
„Ich bin zwar dein Ehemann, dein Lehrer und dein Seelenpartner und wir werden immer miteinander sein. Jedoch nicht jede einzelne Sekunde. Wir sind nicht allein auf diesem Planeten. Haben Familie, Verwandte und Freunde.“
Auf wen spielst du an?“, kochte es in mir auf. „Auf Siv.“
„Rea. Bitte. Nicht jetzt und hier. Nicht schon wieder diese unnütze Eifersucht. Ich dachte tatsächlich, du hättest sie so allmählich beiseite gelegt.“

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Ich hätte heute Morgen schlafen können. Wurde jedoch von Mary gegen sieben geweckt. Gunnar war bereits wach und fütterte mit Marie seine Kinder.
Wir frühstückten und Mary ging mit mir ein Stück durch den nebligen Wald. Die Luft schien mir um einige Grad wärmer als gestern.
Sie mochte offensichtlich nicht als erstes auf die Kinder zu sprechen kommen und erinnerte mich daran, auf meine Gesundheit zu achten. Gleich anschließend ging sie dazu über mit mir Maßnahmen der Verbesserung und den etwaigen Austausch von Medikamenten zu besprechen. Ich solle doch endlich Gewohnheiten durchbrechen und neue schaffen. Was sich hauptsächlich auf meine Zeit im Internet bezog. Erst zum Schluss erwähnte sie Inula Castanea und Óðinn Aron. Ich solle sie beim Namen nennen und nicht beständig mit abwertenden und missbilligenden Blicken bedenken. „Es sind doch nur Kinder. Sie können nichts dafür, dass Gunnar, dein Ehemann, ihr Vater ist.“
„Dann ist es Gunnars Schuld.“
„Er ist niemandes SCHULD!“
Sie begann über den Grund ihrer Zeugung zu sprechen. Dass alles, einschließlich der Kinder, einen hören Sinn hätte und ich genau wüsste, was ihre zukünftige Aufgabe sei.
Wo ich kleinlich über ihrer Existenzberechtigung lamentierte, sprach sie über weit reichende, Generationen übergreifende Ereignisse.
Wie konnte ich nur so engstirnig und kleinmütig sein?
„Es wird eine Zeit kommen, in der du Inula Castanea und Óðinn Aron, als Gunnars Kinder akzeptieren und lieben lernen wirst.“
Ich sah Mary von der Seite her an, wie sie Gedanken versunken vor sich hin Lächelte. Als kenne sie die Zukunft.
Noch im selben Augenblick kam mir die Erleuchtung, dass ich ebenso vermochte, die kommenden Ereignisse zu schauen. Nur musste ich mit dazu tatsächlich „öffnen“.