Den ganzen
Tag war ich im Büro und dachte darüber nach, womöglich doch noch nach Paris,
zum Tennisturnier zu fliegen. Als ich mit Sasha auf dem Rückweg von London nach
Stockholm war, kam mir bereits dieser Einfall. Abspringen konnte ich allerdings
nicht.
Ich
grübelte darüber nach, mit WEM ich am liebsten dorthin fliegen würde. Aber
darum ging es nicht. Mir schien, ich war doch viel zu eingebunden in feste
Strukturen und Männer, um noch frei entscheiden zu können und......ohne einen
anderen Mann dabei zu verletzen, wenn ich mit dem einen zusammen war. Hatten
sich die Maschen wieder enger gezogen? Man stelle sich nur vor, ich hätte Kevin
gewählt? Derek wäre sicherlich auf ihn eifersüchtig gewesen und dies nicht ohne
Grund. Nur ist es mir nach wie vor unangenehm, nach seinem Unfall mit Kevin so
intim zu sei und ihn dabei auf diese, wie ich finde, beschämende Weise zu
sehen. Es bricht mir das Herz, wenn ich nur daran denke wie Kevin seinen
gelähmten Unterleib versucht zu betten. Wie könnte ich da neben ihm liegen, ohne
dass meine Tränen fließen. Und DAS ist nichts was er braucht. Aufmunterung wäre
hier womöglich besser. Aber genau diese benötige ich selbst, sollte ich noch
einmal in die Verlegenheit kommen, mit Kevin in ein Bett zu steigen. Er tut mir
in der Tat so Leid! Ich würde es gern. Nur, um seinetwillen.
Eine Reise
mit Kevin hätte ich als Dienstreise tarnen können. Jedoch auch in diesem Fall
hätte Kevins Janina vor Eifersucht getobt. Nein. Zu kompliziert. Zu verworren.
Das muss nicht sein. Und Derek kümmert sich um seine Mutter. Vermutlich könnte
sie keine ganze Woche ohne ihn sein.
Allein
reisen, wollte ich jedoch ebenso wenig.
Vielleicht
noch einmal mit Sasha verreisen? Besser nicht.
Wer dann?
Jason hatte seinen eigenen Probleme und zudem zwei Kinder zu versorgen. Da war
kein Platz für Chillen.
Aberwitziger
Weise stellte ich mir sogar vor, Wanja dort zu treffen. Immerhin keine
Unmöglichkeit. Auch er besucht gelegentlich Tennisturniere.
Nun, Josh
wäre sicherlich gleichermaßen ein überaus zuverlässiger Begleiter. Allerdings
gedachte ich nicht, ihm erneute Hoffnungen auf Zweisamkeit zu machen. Das wäre
unangebracht.
Troels
vielleicht. Aber hier war seine Anette im Weg. Mit ihm wäre ich schon recht
gern gereist.
Sicherlich
hätte ich jeden vom Sicherheitsteam verpflichten können, jedoch wollte ich das
nicht. Infolgedessen ließ ich es sein überhaupt weiter darüber nachzudenken.
Es muss
etwa so gegen sechs gewesen sein. Ich hatte gerade noch die letzte Bestellung angewiesen,
als Gunnar zur Tür herein stürmte. Er kam mit eiligen Schritten auf mich zu,
umarmte mich ungestüm und drückte mich an sich.
„Götter,
wo in aller Welt warst du denn?“
Er löste
mich aus seiner Umklammerung und sah mich erwartungsvoll an.
Ich
antwortete nicht. Wollte nicht antworten. Starrte ihn ausschließlich an. IHN
hatte ich hier am allerwenigsten erwartet und ihn gleichwohl nicht in meine
Überlegungen mit eingebunden, was Paris betraf. ER würde sicherlich mit mir
kommen! Aber das wollte ich nicht. Zumindest in diesem Augenblick.
„Ich habe
mir solche Sorgen gemacht. Warum hast du mir nicht Bescheid gegeben? Dein
iPhone nicht abgehört? Ich habe dir mindestens tausend Nachrichten
hinterlassen. Warum rufst du nicht zurück?“
Natürlich
hatte Gunnar tausend Fragen. Allerdings antwortete ich erneut nicht. Zumindest
nicht in diesem Augenblick.....
Auf dem
Weg zum Haus redete er weiter und als wir dort angekommen waren, begann ich mit
den Erwiderungen und mir wurde schlagartig klar, warum ich bisher seine
Fragen noch nicht beantwortet hatte. Zorn gärte in mir und ich hatte ihn bis
hier her erfolgreich in mir behalten. Alldieweil ich das Für und Wider
abwog, mit Gunnar in ein scharfes Wortgefecht zu geraten. Denn genau DAS würde
es zweifelsohne werden. Aber jetzt, war der Zorn kurz davor durchzubrechen.
Wir
stritten uns so heftig, dass ich FAST geweint hätte. Aber die Genugtuung ihm
meine Tränen sehen zu lassen, gab ich ihm nicht. Ob meine Tränen Gunnar jedoch
tatsächlich Zufriedenheit verschafft hätten, bezweifle ich. So herzlos ist er
nicht. Und noch immer glaube ich ihm, wenn er sagt, dass er mich liebt. Denn
ich weiß nur zu gut, dass er eben ist wie er ist. Gleichwohl er versuchen mag
sich zu ändern.
Nun ja, in
jedem Fall ging es mir mit dieser Auseinandersetzung nicht gut und ich gedachte
sie so rasch wie möglich zu beenden. Das Beruhigen stand allerdings auf einem anderen Blatt. Es war überaus mühsam.
Adrenalin pulste ohnehin bereits zur Genüge durch meine Adern. NICHT GUT!
Gunnar
bemerkte dies selbstredend und mahnte, mich doch auf Gleichmut zu besinnen.
Nahm mich in den Arm. Küsste und liebkoste mich.
Wir
redeten noch eine Weile in ruhigerem Ton weiter. Darüber WO ich war, jedoch
NICHT mit wem. Ich sprach nicht einen einzigen Laut über Sasha Fliess. Welchen
ich gleichwohl aus meinem Hirn verbannte, damit Gunnar ihn dort nicht fand. Ich
erinnerte mich selbst NUR an DIE Bilder, welche mich allein in meinem Haus
zeigten, sodass Gunnar sie getrost wahrnehmen konnte, ohne misstrauisch zu
werden. Ohne zu sehen. Ich war keineswegs bereit dazu, ihm von Sasha
Fliess zu erzählen. Zudem war er/es für mich tatsächlich viel zu irrelevant,
als dass es sich lohnte mit Gunnar darüber zu reden oder ganz und gar zu
streiten. Das musste nicht sein UND......er musste es nicht wissen!
Überdies
gab ich Gunnar zu verstehen, dass er doch bitte meine Worte und Entscheidungen,
wie beispielsweise Alexa und mich getrennt zu behandeln, vor allem sie nicht
mehr ins Zentrum und zu mir ins Haus zu bringen, wo sie womöglich noch
übernachtet, respektieren soll.
Natürlich
verstand er was ich wollte. Sprach jedoch auch über seine Sicht der Dinge.
Ich
beharrte in jedem Fall darauf, Alexa hier nie mehr in meinem Haus haben zu
wollen. Was Gunnar jedoch abschwächte.
„Besuchen
darf sie dich doch noch. Schließlich denkt sie, sie sei deine Freundin.“
Ahh! Die
Freundinnennummer. Okay. Meinetwegen.
Ebenfalls
sprachen wir über ihr Kind. Dass es IHRE Entscheidung war und nicht Gunnars.
Welcher sich jedoch nun in der Tat und irriger Weise dafür verantwortlich
fühlte. Vor allem sanft mit ihr umzugehen. Damit sie das Kind, nach welchem sie
sich so sehnte, nicht wieder verliert.
„Du hast
ausschließlich mit Alexa geschlafen?“, fragte ich ihn, als er sich nach einer
Weile der Besänftigung anschickte mich auf seinen Schoß zu heben.
„Ja. Nur
mit ihr und ich musste vorsichtig sein.“
Ich war
noch immer nicht zufrieden und fragte weiter. „Heute Nacht bleibst du hier?“
Gunnar
nickte. „Selbstverständlich.“
„Und auch
tatsächlich bei mir? Oder....“
„Kein
ODER.“, unterbrach er mich. „Ich bleibe ausschließlich bei dir.“
Ich ließ
Gunnar gewähren und ich genoss es sogar. Warum denn nicht? Schließlich liebe
ich ihn........
Danach
redeten wir nicht mehr über die Vergangenheit und wandten uns doch besser der
Gegenwart zu. Also....unser beider.
Alldieweil
es nun doch eine Weile brauchte, um meine Emotionen herunter zu fahren und das Adrienalis
aus meinem Kreislauf zu bannen, surfte ich an diesem gestrigen Abend noch lange
im Netz. Schrieb noch ein wenig.......und beruhigte mich dann schlussendlich ganz.
Gleichwohl
es einer langen Weile bedurfte, ließ ich meinen Groll gegen Gunnar am Ende
gänzlich sein. Es schadete mir nur selbst, wenn ich so eifersüchtig und zornig
war. Ich ließ nicht nur Normalität in unser Miteinander, sondern ebenso in mich
einkehren. Das tat mir gut. Und Gunnar war ebenso glücklich darüber.
„Es war
und ist doch alles in Ordnung. Es gibt doch keinen Grund für diese Streiterei.“
Und dann wieder die Liebesschwüre.......
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Genau
genommen hatten Gunnar und ich mit den Gedanken gespielt heute gemeinsam nach
Paris zu reisen. Aber keiner von uns beiden hat wirklich die Zeit.
Noch vor
dem Frühstück, gleich nachdem ich aufgewacht war, gab ich die wichtigste Bestellung
des Monats auf. Unsere veganen Speisen. Ich hatte mir die Unterlagen mit ins
Haus gebracht, um es gleich heute Morgen als erstes zu erledigen.
Ich
frühstückte mit Gunnar noch im Restaurant und dann ging jeder seiner Wege.
Allerdings versprach er mir, sobald als möglich zu mir zurückzukehren.