Es vergeht
in der Tat beinahe kein einziger Tag, ohne das etwas Eigenartiges geschieht.
Nun, da
Gunnar seiner Geliebten beizustehen gedachte, bei ihren (imaginären?) so
plötzlich aufgetretenen Schmerzen im Unterleib und der nun folgenden Phase der
Ruhe, war ich mit Kevin und vor allem mit Derek zusammen.
Wir
arbeiteten noch bis zwei im Büro und ich ging dann mit Derek, zum späten Lunch,
ins Restaurant.
So weit so
gut.
Kevin war
nach Hause, zu seiner Janina gerollt. Ich wusste nicht, ob er am Nachmittag
noch einmal wieder kam, oder was er sonst noch zu erledigen hatte.
Als wir,
Derek und ich, das Restaurant, welches sich verhältnismäßig nahe am
Eingangtores befindet, verließen, gab es genau dort einen Tumult.
In weiser
Voraussicht hatte ich bereits vor einiger Zeit an allen Eingängen zum Zentrum
und speziell an dieser Haupteinfahrt, vermehrt Sicherheitskräfte platzieren
lassen. Was ich eigens mit Ryan, dem Chef des Teams, während eines
Briefings abgesprochen hatte. Genau
diese Entscheidung war es, die in jenen Minuten nicht nur mir das Leben
rettete. Sondern vermutlich auch einigen der zu dieser Zeit, an diesem Ort,
befindlichen Menschen.
Mein
Sicherheitsteam leistet hervorragende Arbeit. Und das nicht nur am Tor.
Alldieweil auch die rein zufällig an diesen Platz, vor allem in meiner Nähe befindlichen Männer unseres Teams, die nicht
im Dienst waren, spontan, unaufgefordert und Ziel orientiert handelten. Denn
nur in wenigen Sekunden, ich hatte die Gesamtsituation noch nicht einmal gänzlich
erfasst, bildeten vier Männer einen Kreis um mich herum, die Derek geistesgegenwärtig
mit Rufen koordinierte und die mich zu schützen versuchten. Erst jetzt erkannte
ich, dass sich nicht weit von uns entfernt am Tor ein Pulk von dunkelhaarigen-
bis dunkelhäutigen jungen Männern gebildete hatte, die wild gestikulierten und
mit Messern fuchtelten und die dort gerade befindlichen Menschen, samt unseres
Personals bedrohten. Eine durchaus gefährliche Situation.
In diesem
Augenblick, als ich dem allen gewahr wurde, schossen mir Bilder durch den Kopf
und ich dachte an ein Ablenkungsmanöver. Eine alte Kriegsstrategie der Männer.
Ich drehte meinen Kopf so rasch hin und her und sah dann endlich Ryan, der in
sein Walki Talki sprach und offenbar alle Sicherheitskräfte im Zentrum koordinierte,
was er mir zu einem späteren Zeitpunkt bestätigte. Sein Gedanke war der
Gleiche. Schließlich kannte er solch’ Situationen nur zu gut. Sie waren ihm
nicht fremd. Ebenso wenig wie mir selbst.
Ich hörte
Dereks Stimme wie er immer wieder rief: „Schützt die Chefin!“ Er war der fünfte
Mann, der sich in den Kreis um mich herum eingegliedert hatte. Seine Arme waren
ausgebreitete. Die Beine gespreizt. Die Füße standen fest am Boden. Es sah aus,
wie eine Art Kampfstellung, welche beispielsweise die Karatekämpfer einnahmen,
wenn sie einem Feind gegenüber standen und bereit waren zur Verteidigung.
Die vier
Männer, samt Derek, mit mir in der Mitte, gingen rasch, aber dennoch
unauffällig, Schritt für Schritt von der Gefahrenzone weg. Genau DAS war ihre
Aufgabe. Und sie erfüllten sie bravourös. Jeder einzelne von ihnen. Ich bin
ihnen zu Dank verpflichtet. Denn so ungefährlich war für mich die Situation
durchaus nicht.
Diese
jungen, dunkelhaarigen und dunkelhäutigen Männer gebärdeten sich bedrohlich.
Sie wollten durch das Tor und schreien die bekannten Rufe, wie sie auch in
Deutschland und in anderen europäischen Ländern zu hören sind. Sie gaben
einfach keine Ruhe. Versuchten durchzubrechen.
Schlussendlich
griff Ryan zum Äußersten und glücklicher Weise befand er sich dabei NOCH auf
dem Gelände des Zentrums. Er zog seine, mit scharfer Munition geladene Waffe
und schoss in die Luft. Dadurch entstand ein kurzer Augenblick der Ruhe. Ermutigt
durch Ryans couragierte Aktion, griffen jetzt auch die anderen
Sicherheitskräfte nach ihren Waffen, was zum Glück und zu guter Letzt die
Angreifer davon laufen ließ.
WIE kann
so etwas überhaupt geschehen??? Ist man denn nirgendwo mehr sicher?
Dieses
ganze Spektakel hatte etwa eine halbe Stunde angedauert.
Natürlich
wird darüber nichts in den Medien erwähnt werden......(.....da
ich ohnehin vielen von den Politikern ein Dorn im Auge bin. Weil ich mich ihren
Regeln NICHT beuge. Die sie von wem auch immer aufdiktiert, eingeflösst
und wofür sie gewiss ihren Lohn bekommen.)
Ich vermag
nicht zu sagen, ob ich es einen Zufall nennen soll, oder ob das Ganze inszeniert
worden war, um mir Angst einzuflößen und mich unter Druck zu setzen. Wofür,
oder wogegen auch immer. Denn man hört immer wieder so allerlei von bezahlten
Störenfrieden. Gleich welcher Couleur. Und gleich, in welchem
europäischen Land.
Derek
brachte mich umgehend zu mir nach Hause, wo ich blieb. Er selbst blieb bei mir.
Rief allerdings sicherheitshalber seine Mutter an. Selbstverständlich sorgte er
sich auch um sie. Es ging ihr gut. Sie hatte von all dem nichts mitbekommen.
Zum Glück.
Ein wenig
später, als sich die Lage entspannt und ich mich weitestgehend beruhigt hatte,
rief ich Kevin an. Er hatte selbstredend bereits davon gehört und war genauso
aufgeregt wie wir anderen. Wir kamen darin überein, gleich am nächsten Morgen
mit Ryan über alles zu sprechen, auszuwerten und gegebenenfalls die Sicherheitsmaßnahmen
zu erhöhen. Sowie die Männer des Sicherheitsteams in erhöhte Alarmbereitschaft zu
versetzen und zu halten.
An Gunnar
hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal gedacht. Erst, als es Zeit
für das Dinner war, fiel mir auf, dass er sich bis dato noch nicht gemeldet
hatte.
Sollte ICH
ihn anrufen? Oder sollte ich abwarten, bis er kam?
Ich
entschied mich....zu wissen und rief ihn an.
Als ich
ihm mit knappen Worten berichtete, was geschehen war, war er bereits im
Aufbruch und auf dem Weg zu mir. Wie er sagte. Allerdings hörte ich im Hintergrund
Alexas Stimme. Gunnar hatte darauf nicht reagiert und mit mir weiter
gesprochen, als wäre er nicht bei ihr. Allerdings wusste ich, dass es so war.
Was er mir einige Minuten später bestätigte.
„Ich bin
schon unterwegs zu dir. Verlasse gerade Alexas Apartment.“
„Wie geht
es ihr? Wolltest du vielleicht noch bei ihr bleiben?“, fragte ich
höflichkeitshalber.
„Nein. Ich
war nach der Arbeit nur noch einmal zu ihr gegangen, um nach ihr zu sehen.
Nichts weiter. Ich bin auf dem Weg zu dir.“
Gunnar
vergewisserte sich noch, ob Derek bei mir war und beendete das Gespräch.
Eine halbe
Stunde später, war er bei mir.....und Derek.......ging.
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Gunnar
sorgte sich um mich. Fragte immer wieder: „Schatz, geht es dir gut? Wie fühlst
du dich?“
„Besser,
wenn du mich nicht ständig daran erinnerst.“, erwiderte ich schließlich mit
einem Augenzwinkern.
„Oh! Ja.
Natürlich. Du hast Recht. Verzeih.“
Wir sahen
noch eine Weile fern und es wurde, wie so oft, sehr spät. Es muss so gegen eins
gewesen sein, als wir zu Bett gegangen sind.
Heute
Morgen Sex. Gleich zwei Mal. Er hatte es nicht gewagt, aus gesundheitlichen
Gründen, mit Alexa zu ficken.
„Ich habe
Angst, sie verliert das Kind. Wo es ihr doch so wichtig ist, es zu bekommen.“,
hatte Gunnar am Abend noch zu mir gesagt.
Am Morgen
dann eine Diskussion darüber, WER nun mit ihm auf Dienstreise geht. Denn noch
am gestrigen Abend hatte mir Gunnar gestanden, dass er, rein dienstlich, heute nach Kopenhagen fliegt.
Gunnar
gedachte die Reise mit Tom anzutreten. Nicht mit Magnus. Offenbar empfand er
ihn für diese Mission kompetenter als Magnus. Obgleich er doch erst wenige
Monate bei ihnen war. Nur, würde Magnus dann Ann Maria nicht mit Gunnar fliegen
lassen. Weil er mit ihr zusammen war. Stattdessen würde er mit Gunnar eine
Debatte darüber beginnen, WER der alt Eingesessenen war und WER der Neue.
Danach hatte Gunnar keinerlei Verlangen.
„Hast du
vielleicht eine Sekretärin für mich?“, fragte er so halb im Scherz.
„Amaja
Ji.“, fiel mir sofort ein.
Gunnar sah
zweifeln zu mir herüber. „Denkst du wirklich, sie würde zusagen, mit mir auf
Dienstreise zu gehen? Du weißt, dass sie mich hasst.“
Ich
antwortete ihm nicht und spielte gleichwohl nicht darauf an, aus welchem Grund Amaja
ihn nicht begleiten würde. Es musste nicht ausgesprochen werden. Wir wussten es
beide. Infolgedessen blieb es bei einem kurzen, strafenden Blick meinerseits.
„Was ist
mit Kate?“, fragte er dann.
Kate?
Gerade Kate dachte ich SO laut, dass Gunnar es einfach lesen musste. Es sprang
ihn gewiss förmlich an.
„Ach komm.
Es passieret schon nichts.“ Gunnar zwinkerte mir zu.
„DAS
willst du mir doch etwa nicht erzählen?“, zweifelte ich seine Aussage an.
Er
erwiderte nichts. Lächelte nur zu mir herüber. Das Brummen seines Rasierers
hätte ohnehin das Reden erschwert.
Ich rief
das Sicherheitsbüro an, um Kats Nummer in Erfahrung zu bringen. Ich hatte sie
schon längst gelöscht und Gunnar offenbar auch. Dann rief ich Kate an. Sie
zögerte und gab mir schlussendlich recht zügig ein JA.
Gunnar
musste sich eilen. Noch bevor er ging, richtete ich Worte des Bedauerns an ihn.
Ich schnaufte. „Ich sehe dich kaum.“
Er drückte
mich fest an sich und hauchte mir seinen Liebesschwur ins Ohr, welchen ich ihm
glaubte. Warum auch nicht. In seinem Herz sah ich, dass er meinte, was er
sagte.
Da Gunnar
so früh gegangen ist und ich nicht noch einmal zu Bett gehen und schlafen
wollte, gab es mir die Zeit, heute recht früh hier die Ereignisse des
vergangenen Tages nieder zu schreiben.
Was der
Tag bringen mag, weiß ich selbstverständlich nicht. Nur, dass Gunnar erst
Morgen zu mir zurückkommen wird. Er sagte, sie bleiben über Nacht in
Kopenhagen. Zudem wird er für Alexa zumindest noch ein, zwei Stunden erübrigen
wollen. Gleichwohl es ihr besser gehen mag, verstehe ich sie doch nur zu gut,
wenn Gunnar ihr fehlt und sie ihn sehen möchte.
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Denke ich
noch einmal in aller Kürze (!) über die gestrigen Ereignisse nach, fällt mir
auf, wie rasant sich alles ereignete. Nur gut, dass Derek die Fähigkeit
besitzt, so rasch zu reagieren. Ich gehöre eher zu denen, die erstarrt.
Erst im
Nachhinein, im Rekapitulieren, während ich es Gunnar erzählte, wurde mir die
ganze Tragweite des Geschehenen bewusst. Allerdings gedachte ich, wenn möglich,
nicht mehr all zu lang und häufig darüber nachzudenken. Vergessen, würde ich es
sicherlich nicht......so leicht.
Zweifelsohne
würde dieser Zwischenfall, auch unter den Leuten im Zentrum, noch für einige
Zeit Gesprächsstoff sein. Ich hoffe inständigst, es kommt kein neuer der
gleichen Art hinzu.
So nun,
auf zum Briefing!