Mittwoch, 11. Mai 2016

Eine Premiere – Es gibt immer ein erstes Mal



Wir nahmen uns beide frei, Gunnar und ich. Verbrachten den Tag miteinander. Waren essen, shoppen, chillen, im Kino und gingen spazieren. Auf einer Parkbank zündete sich Gunnar eine Zigarette an und ich machte große Augen. Wunderte mich.
„Du rauchst? Seit wann?“
Er lachte. „Nein, nein. Ich rauch nicht.......“
„....und was ist das?“, fiel ich ihm ins Wort.
Gunnar greuselte die Stirn und zog die linke Augenbraue hoch. „Ich wollte sagen, aber dieses eine Mal rauche ich schon. Hier, nimm einen Zug.“ Er hielt mir die Zigarette direkt vor die Nase, nachdem ER selbst einen tiefen Zug davon genommen hatte und nun die Luft anhielt.
Ich kniff die Augen zusammen und wartete ab, was JETZT mit ihm passierte. Beobachtete ihn genau.
Er grinste und wiederholte seine Geste mit der Hand. Forderte mich auf, ebenfalls an der Zigarette zu ziehen.
Ich tat es..................................
Das erste Mal (soweit ich mich erinnern kann) rauchte ich Gras. Und DAS mitten in der Öffentlichkeit. Ich meine, wenn es bei mir zu Hause auf der Couch geschehen wäre. Aber nein. Mitten im Park unter Menschen! Ich musste verrückt gewesen sein, Gunnars Aufforderung in diesem Augenblick nachzukommen. Was hatte ich mir nur dabei gedacht?
NICHTS!
Allemal war es eine Art von Trotzreaktion, weil man mich immer für dünkelhaft und arrogant hielt. Zum anderen waren wir gerade erneut dabei gewesen über Alexa zu diskutieren und das Kind, welches sie von Gunnar erwartete. Ich dachte eben nur, es könne nichts schaden, ein wenig lockerer zu werden, wie Gunnar stets zu sagen pflegt, und die Sorgen zu vergessen, welche mich quäl(t)en. Zumindest hatte ich mir diese Wirkung davon erhofft. Und tatsächlich......es war so gewesen.
Allerdings kamen unkontrollierte Lachanfälle hinzu und in diesem Moment war es mir in der Tat gleich, wer mich sah oder nicht. Das könnt ihr mir glauben. Ich lachte, völlig enthemmt, vor mich hin. Und das in der Tat NICHT leise.
Gunnar lachte mit. Was sonst?
Die Reaktionen der vorübergehenden Passanten waren recht unterschiedlich. (Die dachten offenbar ich sei betrunken?) Von schockiert, über verwundert bis wissend grinsend. Aller Wahrscheinlichkeit nach sah man nicht jeden Tag gut gekleidete Paare auf einer Bank im Park sitzen, die so überschwänglich miteinander lachten. Die Zigarette war in jedem Fall deutlich zu sehen und ich vermute, geriet man in den Rauch eben dieser, war zu erahnen, WO die Heiterkeit begründet lag.
Natürlich lachten wir nicht ewig. Es dauerte etwa nur eine Viertelstunde. Jedoch das wohlig, warme Sorglos-Gefühl hielt noch für Stunden an. Es fühlte sich an, als würde ich in einer watte-weichen Wolke schweben. Alles war easy, simple und leicht. Für eine Zeit lang war ich tatsächlich unbekümmert und fühlte mich einfach nur wohl. Sogar die Schmerzen waren nicht mehr so intensiv wie sonst. Und da sag’ noch einer, Hanf wäre schlecht!

Später fragte ich ihn, wie viel davon in der Zigarette gewesen war.
„Zwei Gramm.“, antwortete er mir.
Allerdings wusste ich nicht, ist dies nun viel oder wenig. Da ich keinerlei Erfahrungen damit hatte. Deshalb sah ich Gunnar fragend an: „Ist das viel?“
Gunnar lachte. „Kommt darauf an.“
„Auf was?“, fragte ich weiter.
„Was man gewohnt ist.“
„Gewohnt? Ich war NICHTS gewohnt! Und du....“
Gunnar lachte erneut gerade heraus. „Geschadet hat es dir jedenfalls nicht. Im Gegenteil.“
„Ich wollte doch auch nur einmal Mut beweisen. Zudem hatte ich die Diskussion über Alexa, ihre erneute Schwangerschaft und was werden wird, wenn das Kind geboren ist, schlicht und einfach satt. Ich wollte die Sorgen vergessen.“
„Hast du doch auch. Oder?“ Gunnar grinste breit. „Ziel erreicht.“
Ich gab auf und schnaufte. „Ja. Habe ich. Nur, wenn die Wirkung nachlässt, kommt alles zurück.“
„Dann schieß’ nach.“
„Du bist wohl verrückt geworden?“, lehnte ich mich auf.  „Nein! Niemals! Ich werde doch nicht zur Drogensüchtigen.“
Nun lachte Gunnar wieder. Wirst du schon nicht. Keine Angst.“
„Also, so wie ich das jetzt verstehe, tust du das offenbar öfters?“, klagte ich meinen Ehemann an.
Gunnar pustete die Luft aus sich heraus und atmete tief. „SO würde ich das jetzt nicht sagen. Ab und an. Zumeist, wenn ich bei Hjalmar bin.“
„Raucht Alexa auch mit?“
Gunnar zog die linke Augenbraue nach oben. „Es war mir klar, das du das fragst. Denkst du eigentlich immer nur an sie?“
„Nein. Selbstverständlich nicht. Nur bist du doch schließlich oft mit ihr bei deinem Bruder. Oder etwa nicht?“
„Ja. Klar. Es bedeutet aber nicht, dass wir uns jedes Mal Gras rein ziehen. Und jetzt, wo Alexa wieder schwanger ist, wird sie sicherlich nichts mehr davon rauchen.“

Zum Abschluss des gestrigen Abends aßen wir noch in unserer Sushi Bar und fuhren, nach Überlegungen in Stockholm zu bleiben, doch zurück ins Zentrum.
Der Fress-Flash, wie man es nennt, war allerdings und zum Glück bei mir ausgeblieben. Mein Appetit war der Gleiche wie immer.

---------------------------

Trotz, dass wir am gestrigen Abend recht früh (ohne Sex) zu Bett gegangen waren, schlief ich, schliefen wir heute Morgen bis acht. (Auch heute Morgen kein Sex. Wobei ich vermuten könnte, dass Gunnar des Nachts für ein, zwei Stündchen wer weiß wo war??? Allerdings fragt ich nicht.)
Gunnar hatte Magnus bereits gestern schon verständigt, dass er erst am heutigen Mittwochnachmittag ins Büro kommen würde. Infolgedessen bleibt mir der MORGEN und der Lunch mit Gunnar. Obgleich er im Augenblick im Fitnessstudio ist. Sonst würde ich, aller Wahrscheinlichkeit nach, nicht hier schreiben.

Im Nachhinein betrachtet, verstärkte das Rauchen von Gras bei mir das Gefühl der Verbundenheit mit Gunnar, als ich die mir von ihm angebotene Zigarette rauchte. Es enthob mich meiner Sorgen, nahm mir die Traurigkeit und Melancholie, ja sogar zum Teil die Schmerzen und ließ mich lachen und einigermaßen zufrieden sein.
Allerdings sagte er mir, dass nicht alle gleich darauf reagieren. Was für ein Glück, dass es bei mir doch recht glimpflich ablief.
Wie auch immer. Dieser erste Versuch war von Erfolg gekrönt und ich bin glücklich darüber, den Mut aufgebracht zu haben, es zu tun.
Eine Premiere der Erleichterung für mich mit Spaßfaktor.