Sonntag, 8. Mai 2016

Der Tonfall ist entscheidend



Ich saß gerade mit Derek zu Tisch im Restaurant und war mit den Speisen auf meinem Teller beschäftigt, als ich Gunnars Stimme hörte. Hoch erfreut hob ich erwartungsvoll den Kopf und dann..........waren da noch Alexa und ihre Eltern.
Ich vermute, man sah mir an, wie noch augenblicklich mein Gesicht einschlief.
Aber egal.
„Setzt euch doch.“, blieb ich höflich. Und wies mit der offenen Hand auf die Stühle ringsum.
Alexa begrüßte mich freundlich und reichte mir die Hand.
Was hätte ich anderes tun sollen, als sie anzunehmen? Ich nickte ihr zu und machte wieder einmal gute Miene zum bösen Spiel und lächelte so freundlich, wie es mir eben möglich war. WAS hatten diese Leute eigentlich hier zu suchen?
„Bleibst du hier? Oder gehst du wieder fort?“, richtete ich sogleich eine Frage an Gunnar.
Der wandt sich wie ein Aal. „Ich wollte Alexas Eltern das Zentrum zeigen und lud sie für heute Abend zu einer Tour durch die verschiedenen Lokale ein.“, hörte ich ihn sagen und dachte bei mir, hierbei bin ich offenbar nicht eingeplant. Selbst wenn, hatte ich nicht vor sie zu begleiten.
„ICH hatte es ihm vorgeschlagen, dass wir hier her kommen“, kam ihm Alexa zu Hilfe. „Und vielleicht kommst du heute Abend ja mit?“ Nun sah sie Derek kurz an und wusste offensichtlich nicht, ob sie auch IHN erwähnen, oder ganz und gar einladen sollte.
Ohne meinen Kopf zu bewegen, sah ich von einem zum anderen. DAS war nun in der Tat der blanke Hohn. Ich lächelte den Sarkasmus in mich hinein und zeigte nichts davon nach außen.
„Nein. Ich finde dies nicht wirklich passend. Meinst du nicht auch?“, konnte ich mir diesen kleinen Seitenhieb nicht verkneifen.
„Wieso denn nicht? Es wird auch nicht so anstrengend sein. Und eigentlich, wollten wir ja auch nur gemeinsam mit meinen Eltern essen gehen.“, schwächte sie die Sauftour ab. Oder hatte mich Gunnar nur abschrecken wollen, sodass er von vornherein einplante, mein NEIN zu hören?
Da ich Alexa noch immer mit einem zweifelnden Blick bedachte, fühlte sie sich offenbar genötigt, sich noch weiter zu erklären. Obwohl ich wusste, dass sie ganz genau verstand, was ich meinte.
„Meine Eltern wissen, dass wir Freundinnen sind und akzeptieren dich doch.“, sagte sie und nickte mir mit einem honigsüßen Lächeln zu. (Meinte sie dies tatsächlich ernst?)
Mein Gesicht blieb regungslos. Jedoch lachte ich innerlich. Was bildete sich diese kleine Fotze eigentlich ein? Mich zu verhätscheln wie ein unmündiges Kind!!! Ich hatte es schlichtweg nicht nötig, dass diese Leute mich akzeptieren??? Sie waren mir völlig gleichgültig und wenn sie im nächsten Augenblick getötet würden, wäre es mich gleich! Verdammt noch mal!!!!!! Und mit Alexa ist es verhält es sich ähnlich!
Nur gut, dass sie meine Gedanken nicht lesen konnte, so wie Gunnar.
Ich atmete innerlich noch einmal durch, lächelte gleichmütig vor mich hin, als würden mich ihre Worte positiv tangieren und maskierte nicht nur mein Gesicht, sondern legte gleichwohl eine süßliche und glaubwürdige Note auf die Töne meiner Stimme und sagte genau genommen das Gegenteil von DEM, was ich dachte.
„Ich danke Dir für das gut gemeinte Angebot. Aber ich bleibe doch lieber hier.“
„Fühlst du dich nicht gut?“, bohrte sie nach und tat besorgt. Aller Wahrscheinlichkeit nach, war sie es sogar. Gleichwohl ich doch gelegentlich an ihrer Lauterkeit der Freundschaft zu mir zweifeln mochte, bewies sie mir doch immer wieder, wie oft auch andere Frauen, wie zur damals Zuckerfötzchen, Elena und Lara, dass ihre Freundschaftsgedanken echt zu sein schienen. Denn ihre Augen sagten es mir.
„Da ist so ein Kratzen in meinem Hals, was mich ein wenig ängstlich stimmt. Ich halte mich lieber fern von zu vielen Menschen.“, erwiderte ich, was nicht gelogen war. Ich sorgte mich tatsächlich darum, mir etwas eingefangen zu haben. Und nun hoffte ich inständigst, dass sie es dabei bewenden ließ.
„Du wirst mir doch nicht krank werden?“, schaltete sich Gunnar ein und seine Fürsorglichkeit war nicht gespielt.
„Ich hoffe nicht. Und wüsste auch ebenso wenig, wo ich es mir geholt haben könnte.“, antwortete ich wahrheitsgemäß.
„Soll ich besser bei dir bleiben?“, fragte er nun.
„Nicht nötig. Derek ist doch hier.“
Gunnar wandte sich nun an ihn. „Pass auf sie auf und beruhige sie. Ich weiß, wie sehr sie das belastet, bis sie Sicherheit hat.“
Ich sah Dereks innere Augen rollen. Er schien ein wenig von diesem Hinweis genervt. Blieb jedoch, ohne Frage, freundlich und nickte Gunnar beipflichtend zu.
Alexa sprach kurz mit ihren Eltern. Womöglich fanden sie es gleichwohl ein wenig unangebracht, mit der Frau des Freundes ihrer Tochter zusammen zu sein.
Ich war fertig mit speisen, nickte Derek zu und erhob mich. Gedachte zu gehen.
Alexa und ihre Eltern taten das Gleiche. „Ja. Wir werden ebenfalls aufbrechen.“, sagte sie.
Gunnar erhob sich als Letzter. „Ich dachte wir bleiben noch eine Weile hier?“, fragte er Alexa und sah sie dabei an.
„Mir scheint, du handelst nach dem, was Alexa dir rät?“ Bei diesen Worten umspielte ein spöttisches Lächeln meinen Mund. Diesen Satz vermochte ich mir nicht zu verkneifen.
Er lachte. „Ja. Warum denn nicht?“
„Dann tue, was sie sagt.“ Und ich spielte damit auf das Gehen an. Denn ich fand es überaus eigenartig, hier mit Derek meinem Ehemann, dessen schwangrerer Konkubine und deren Eltern zusammen zu sein oder mich noch weiterhin mit ihnen konfrontiert zu sehen.
Gunnar neigte den Kopf und machte eine bedauernde Geste. Streckte den Arm nach mir aus, legte seine Hand um mein Genick, hielt mich so fest und küsste mich auf den Mund. „Pass auf dich auf. Okay? Nichts ist mir wichtiger als du.“, sagte er doch tatsächlich SO LAUT, dass es alle hören konnten.
Ich atmete tief durch und schnaufte ein wenig. „Ich werde es schon schaffen, bis Morgen ohne dich auszukommen.“
Ich löste mich aus Gunnars Griff, nickte den anderen kurz zu und ging mit Derek ohne mich noch einmal umzusehen.

„Was war DAS gerade?“, fragte Derek nach einer Weile des Gehens.
„Ich weiß es nicht, was er sich dabei dachte. Offensichtlich nichts. Für ihn scheint es völlig normal zu sein.“
„Auch die Eltern von Alexa schienen mir ein wenig peinlich berührt von der ganzen Situation.“, merkte Derek an.
„Ja. Das fand ich ebenso. Selbst Alexa, die stets, wenn wir uns treffen, zu meiner besten Freundin mutiert, wusste nicht wirklich, wie sie sich verhalten und was sie sagen sollte. Alles in allem eine Peinlichkeit. Und dann denkt sie, oder Gunnar ganz und gar, ich würde sie noch begleiten?“ Ich schüttelte verständnislos mit dem Kopf.
„War das ernst gemeint mit dem Kratzen im Hals?“, wechselte Derek nun abrupt die Thematik.
„Bedauerlicher Weise ja. Und ich hoffe inständigst, dass da nichts ist. Das wäre in der Tat fatal.“

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Am Nachmittag gingen wir spazieren und suchten seine Mutter Magdalena auf.
Allerdings gedachte ich sie nicht zu gefährden, sollte ich doch etwas Ansteckendes ausbrüten und blieb sicherheitshalber auf der Veranda stehen.
„Wenn ich schon heute nicht im Fitnesscenter bin, gehe ich wenigstens für ein, oder zwei Stunden Schwimmen. Ist das okay?“, fragte mich Derek, als wir die Treppen der Veranda nach unten stiegen.
Ich nickte ihm zu und ging allein nach Hause.

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Dementsprechend spät das Dinner.  So gegen acht. Bis dahin hatte ich ein wenig (vor-) geschrieben.
Am Abend sahen wir uns einen etwas älteren Science fiction Film an und diskutierten im Anschluss darüber. Insbesondere ob es wahrscheinlich ist, dass es tatsächlich bereits außerirdische Wesen unter uns gibt.
Derek lachte. ER hielt dies selbstredend für Phantastereien. (Ich nicht.) Ein wahrer  Realist vor dem Herrn. Kein Wunder, dass er sich Erik und dem, was er tut, nicht wirklich verbunden fühlt. Denn auch in der Magie braucht es Phantasie!
„Ein wenig Vorstellungskraft mein Lieber.“, sagte ich in einem gespielten süffisantem Ton.
Er lachte gerade heraus. „Ja. Natürlich. Aber ich finde es zu unwahrscheinlich, dass gerade jetzt, in dieser kleinen Zeitspanne, in der wir Menschen auf diesen Planeten leben, es noch andere auf anderen Planeten gibt. Das Universum ist Milliarden von Jahren als. Mag gut sein, dass es irgendwo, irgendwann einmal ähnliche Wesen wie uns gegeben hat, oder geben wird. Aber halt nicht jetzt.“ Derek grinste mich an und kniff mit den Augen.
„Hmmm.....da bin ich NICHT deiner Meinung. Eben weil das Universum so unendlich groß ist, denke ich, dass es sehr wohl gerade JETZT irgendwo intelligente Wesen gibt. Gerade weil man zu der Erkenntnis gelangte, dass es tatsächlich noch andere erdähnliche Planeten gibt. Und denke bitte an die unterschiedlichen Dimensionen! Wir sehen nur drei. Denkst du nicht, dass es Wesen gibt, welche sich in vier, oder noch mehreren Ebenen bewegen könnten?“
Derek schüttelte lachend den Kopf. „Also ich weiß nicht recht. Mag sein, dass die Wissenschaftler jetzt so einiges herausfinden. Aber Dimensionen, Tore und Wechsler? Das scheint mir doch ein wenig zu phantastisch.“
„Eben. Es ist phantastisch!“, rief ich fast euphorisch aus.

Gegen Mitternacht gingen wir schlafen. Jedoch kurz zuvor läutete mein iPhone. Es war Gunnar, der sich noch einmal dafür entschuldigte, dass er nicht allein zurückgekommen und vor allem nicht geblieben war.
Ich legte schlicht und einfach auf, ohne noch ein weiteres Wort zu sagen.
Derek schien dies nicht richtig zu finden und beklagte meine Rigorosität. „Das kannst du doch nicht tun?“
„Wieso denn nicht? Du siehst doch, dass ich es kann.“ Er schüttelte mit dem Kopf und lächelte dann und ich........ebenso.

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Als ich heute Morgen erwachte, lag Derek nicht neben mir.
Ich rief nach ihm und.....er kam. Erst dann realisierte ich, dass es bereits zehn Uhr gewesen war.
„Oh!“, rief ich aus. „So lang habe ich geschlafen?“
„Offensichtlich hast du es gebraucht.“
„Warst du schon weg?“, fragte ich ihn, denn ich bemerkte dass er seine Sportschuhe trug.
„Ja. Ich sah rasch nach meiner Mutter und dann war ich für eine halbe Stunde Laufen.“
„Okay.“, erwiderte ich nur und im nächsten Augenblick läutete mein iPhon. Erneut war es Gunnar.
„Du, ich....“, begann er zu stottern und noch im selben Moment wusste ich, worauf dies hinaus laufen sollte. Ich ließ ihn sich jedoch artikulieren und schwieg. Sollte er sich doch abmühen, mit DEM, was er mir zu sagen gedachte! „Ich wollte dir sagen,.....ähhhhh,....dass ich heute noch bleiben und......am besten.......“
„.....bleibst du gleich ganz in Stockholm bis Morgen. Wolltest du sicherlich sagen.“, beendete ich seinen Satz.
„Ja. Ich meine.....ihre Eltern sind noch da. Und.....“
„Ja. Ich weiß schon. Tue was immer du willst. Ich tue es auch.“, sagte ich und legte wieder auf.
Kurze Zeit später läutete es erneut. Es war Alexa.
„Es tut ihm leid. Weißt du? Und mir auch. Ich weiß, dass du ihn vermisst und am liebsten bei ihm wärst. Ich kenne das nur zu gut.“ DAS, den letzten Satz, gerade DIESE Bemerkung, musste sie mir natürlich noch an den Kopf werfen. Was für eine Farce!
„Ja, ja. Schon gut. Derek ist ja hier.“, sagte ich so freundlich als es mir möglich war. (Am liebsten hätte ich ihr die Gurgel umgedreht!!! Mit samt ihrer Sippe!) „Mach dir keine Sorgen.“, beruhigte ICH sie nun. „Es ist doch alles okay.“ Wenn er denkt das tun zu müssen, dann soll er es eben tun. Hätte ich am liebsten noch gesagt. Aber hier waren weniger Worte mehr! Und der Tonfall war entscheidend!
Als ich gerade schon auflegen wollte, fragte sie noch wie es mir geht.
„Zum Glück war es nur falscher Alarm. Mein Hals hat sich wieder beruhigt.“
„Das freut mich so für dich.“ Oh Gott! Dachte ich so. Wie verzuckert will sie denn noch herüber kommen? Aber ihre Besorgnis war offenbar tatsächlich echt.
Ich vermag es nicht wirklich zu glauben, dass SIE sich um MICH sorgt. Das SIE meine Freundin sein will und in der Tat freundschaftliche Gefühle für mich hegt. Wie kann so etwas sein???

Derek ist mit seiner Mutter speisen gegangen. Für mich ist es noch ein wenig zu früh, wo ich doch erst vor kurzem aufgestanden bin und ausgiebig gefrühstückt habe.
Selbstredend wird mich Derek dann etwas später zum Restaurant begleiten.