Dienstag, 17. Mai 2016

Wozu streiten?



Ich will nicht streiten! Nein! Das mag ich nicht. Ich hasse Konflikte! Wortgefechte der verletzenden Art, die sich hoch schaukeln und die beteiligten immer zorniger werden lassen.
Das muss nicht sein. Es ist besser, Kontroversen in Ruhe zu regeln und bei zu legen. Gegebenenfalls miteinander auszudiskutieren. Wenn beide Seiten dazu bereit sind. Stets mit einem Augen des Verständnisses  für den anderen. Schließlich kennt man dessen Probleme in einer Beziehung nur zu genau.
Würden Paare beiderseitig, Menschen überhaupt, genau DIES beherzigen, dann bräuchte es keine Scheidungsanwälte mehr.

Nun, wie komme ich darauf?
Als wir Lara im Hospital besuchten, stellte sich heraus, dass Gunnar noch kurz, vor dem Angriff auf sie, bei ihr war. Sie hatte sich in der Aufregung, als sie uns noch einmal das Erlebte rekapitulieren erzählte, versprochen. Oder nicht daran gedacht, dass es mir Gunnar womöglich noch nicht gestanden hatte.
Er war nicht joggen, wie er sagte. Nein. Er war bei Lara gewesen, um zu ficken.
Aber für Gunnar ist dies nun nichts wirklich Außergewöhnliches. Gleichwohl er sich doch Mühe gibt, dergleichen Unarten, Begierden, (Unsittlichkeiten?), Wollüstigkeiten, Verlangen, Leidenschaften, Süchte und Triebe abzulegen. Oder zumindest (auf ein Minimum) zu beschränken.
Offenbar war es ihm an diesem Morgen eben NICHT möglich gewesen. Und........Mann/Frau erinnere sich, ich hatte es geahnt.
Ach nein. Das bezog sich auf gestern. Also, auf einen Tag darauf. Auf Montagmorgen. Als Gunnar so frustriert wegen Lara war, dachte ich mir bereits (und äußerte dies hier), dass sein Frust sich einen Weg aus ihm heraus bahnen würde. Zumeist nutzt Gunnar dazu zumeist die Region zwischen seinen Beinen. Das Hängende Etwas, was dann aufstand und Schuss für Schuss, oder sollte ich besser sagen Stoß für Stoß, die schlechte Laune aus seinem Körper katapultierte.
Nun gut. Wir Frauen haben diese Möglichkeit nicht. Zumindest nicht auf diese Weise. (Aber ein guter Vergeltungsfick, hat immer etwas ungemein Genugtuendes an sich.)

Lara gegenüber und in diesem Augenblick, während wir im Krankenzimmer saßen, schluckte ich selbstredend meinen Verdruss hinunter. Womöglich hatte sich mein Gram auch bis nach Hause verflüchtigt. Wie das oft schon der Fall gewesen war. Schließlich wusste ich, dass Gunnar ab und an noch immer mit Lara in intimer Weise verkehrt. Hatte ich doch erst vor kurzem davon gehört und vor einiger Zeit sogar selbst des Nachts einen Blick darauf geworfen, als Gunnar in seinem Spielzimmer mit Lara, Ailin Zai und Waris  Björnsdottir fickender Weise zu Gange war.
Allerdings platze ich nicht hinein, so wie damals noch, zu Beginn meiner Ehe mit ihm. Ich schaute nur kurz durch die Spalte (!?) der Tür und schlich mich dann wieder leise davon.
Aber egal.
Als wir zu Hause (im Zentrum) ankamen, hatte ich es allerdings noch nicht vergessen. Nein. Wie blöd von mir. Ich sprach es sogar noch einmal an. Und wie erwartet, gab er es offen und ehrlich, so ganz nebenher, zu. Warum auch nicht. Hatten wir es uns doch versprochen, dem anderen stets die Wahrheit zu sagen.
„Und was war heute Morgen?“, vermochte ich dummer Weise meinen Mund und meine Gedanken weiterhin eben NICHT bei mir zu behalten. „Warst du da wirklich joggen?“
Gunnar schnaufte. Aber da er nun einmal dabei gewesen war, mir, in aller Kürze, ein umfassendes Geständnis abzulegen, vermochte er gleichwohl die Wahrheit über den Montagmorgen NICHT vor mir zu verbergen und gestand, dass er in seinem Spielzimmer im Bürogebäude war. Nicht etwa joggen, wie er sagte. Nein.
„Mit wem?“, schoss es unkontrolliert aus mir heraus.
„Keshia Berggren.“, sagte er fast lautlos und ein wenig zögerlich.
„Wie alt ist dieses Mädchen eigentlich?“, erboste ich mich mit einem Mal. (Warum tat ich das eigentlich? Ahnte ich nicht bereits, dass es so war und dass er auch mit ihr....?)
„Kann ich nicht genau sagen.“, antwortete Gunnar lapidar mit gesenktem Kopf und leiser Stimme. Die Unterhaltung war ihm unangenehm. Das war ihm deutlichst anzusehen. „Ich denke, sie sagte, sie sei achtzehn.“ 
Ich pustete die Luft stoßweise aus sich heraus. „Wie kannst du nur? Sie ist noch ein Kind!“
Gunnar hüstelte. Stotterte: „Wohl kaum. Danach sieht sie auch nicht aus.“ Nun begann er schneller zu atmen wie zuvor. Fast hechelte er. Gerade so, als wäre er tatsächlich drei Kilometer um den See gelaufen. „Da war so viel in mir drinnen.......es musste einfach raus......sie kennt das Safewort und weiß Bescheid. Überdies ist sie, wie andere, keine erstzunehmende Konkurrenz für dich. Ich will nichts von ihr. Nur ihren Körper. Sie weiß das auch.“
Was redete er da nur für zusammenhangloses Zeug? Wollte ich das Wissen? Hatte ich DANACH gefragt? Gunnar war offenbar überraschender Weise nervös. Das kannte ich nicht wirklich von ihm, wenn es sich um dergleichen Belange handelte. Er legte mir immer offen Rechenschaft ab. Ohne dabei übermäßig aufgeregt zu sein. Aber dieses Mal schien es anders.
„Safewort?“, fragte ich verwirrt. „Als Switcher bist du WAS bei IHR? Der dominante oder der unterwürfige Part?“
„In diesem Fall der Bestimmende.“
„Ahhhhh.“
„Rea, du musst dich beruhigen.“, hörte ich Gunnars Stimme in meinem Ohr. 
War ich überhaupt aufgeregt
„Es gibt nichts worüber du dir Sorgen machen müsstest.“, spulte er seine Rechtfertigungen, seine gewohnten Sätze ab.
„Ich dachte du wolltest.....?!“, versuchte ich anzumerken und sah mich im nächsten Moment genötigt meine Frage abzubrechen. Gleichwohl ich noch so bei mir dachte, Gunnar würde schon wissen, was ich hatte sagen wollen.
„Tue ich doch auch!“, fuhr Gunnar nun einigermaßen unwirsch dazwischen und hatte mir somit das Wort abgeschnitten. „Aber die Sache mit Lara, dass ich noch kurz zuvor bei ihr war. Ich hätte es verhindern können!“ (Machte er sich tatsächlich Vorwürfe deswegen? Oder sagte er es nur so, um mir für sein Verhalten einen Grund vorzulegen?) „Ich war frustriert und wütend dazu. Auf mich selbst vor allem. Aber nach der Sache mit Keshia noch mehr.“ (Hä? Nun verstand ich gar nichts mehr. Ich dachte der Fick mit Keshia diente dazu, dass sich Gunnar wieder besser fühlte?)
Gunnar sah mich mit zusammen gekniffenen Augen und düsteren Blick an. „Ich weiß, dass es falsch war, dir gegenüber, DAS zu tun. Es tut mir leid. Ich konnte mich in diesem Moment nicht beherrschen. Ich war wir ein hungriger Wolf, der nach Beute sucht. Im Grunde hat mein Verhalten alles noch schlimmer gemacht! Auch für mich selbst. Denkst du, das weiß ich nicht?! Wo ich mich doch so reglementiere.“ (Seine Ausdruckweise ließ hier sehr zu wünschen übrig. Glitt er doch ein wenig ins Gewöhnliche ab.)
„Es ist immer so ein schmaler Grad.“ Gunnar atmete schwer. „Bitte verzeih mir.“ Seine Stimme wurde sanfter. „Das nächste Mal werde ich es schaffen.“ Dieser Satz kam energisch aus ihm heraus. Gerade so, als wäre es bereist geschehen.
Nun kam er langsam, mit kleinen, zögerlichen Schritten auf mich zu, griff nach meiner Hand, aber sein Kopf war noch immer gesenkt. Ich entzog ihm die Meine nicht. Ließ es zu, dass er sie nahm. Gunnar trat nun ganz dicht an mich heran. Begann zu schmusen und mich zu küssen. Auch das ließ ich zu. Ich hatte es doch ohnehin bereits am Morgen schon geahnt, dass er eben NICHT NUR joggen war. Warum also jetzt noch streiten? Das brachte nichts.
Da mein Blick offenbar für ihn noch immer recht grüblerisch auszusehen schien , stupste er mich immer wieder mit der Nase, seiner Wange, seinem Gesicht an, wie ein Hund und lächelte sacht. „Tut mir leid. Ich bemühe mich doch schon. Aber manchmal......gehen die Pferde, oder in diesem Fall der Frust noch mit mir durch. Ich werde es das nächste Mal schaffen, dem Impuls NICHT nachzugeben. Versprochen.“
Ich lächelte ihn zögerlich an und......hatte ihm schon längst vergeben. Schließlich wusste ich um sein (psychisches) Problem. Um den Preis, welchen wir beide zahlten, der aus der Zeit in dieser Sekte kam, die ihn zu einem Sexsüchtigen hatte werden lassen.
Und schon hatte ich es (fast?) bereut, dass ich ihn überhaupt daraufhin angesprochen hatte. Ich hätte es genauso gut dabei bewenden lassen können. Es übergehen können. Wozu denn streiten, verdammt noch mal! Es war ohnehin vergebens. Ich schadete mir nur selbst.

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Der Abend war ruhig. Der Morgen eher hektisch.
Wir wachten gegen acht Uhr auf.
„Guten Morgen!“ Ein Lächeln und schon griff jeder von uns nach seinem iPhone und rief seine Arbeit an.
Kevin lachte. Er wusste Bescheid. Hatte schon alles in die Wege geleitet, dass das Briefing später stattfand. (Wenn ICH ausgeschlafen hatte.)
Bei Gunnar war es ähnlich.
Noch eine viertel Stunde lagen wir nebeneinander im Bett, bevor wir uns aus diesem pellten und redeten noch einmal über Gunnars Begehrlichkeiten und Schwächen.
Er sagte, dass sich in ihm ständig etwas verändert. Er wäre offenbar tatsächlich, auf länger Zeit hin, ein Switscher. Hätte Lust auf beides. Und in diesem Zusammenhang redeten wir über Siv und ihre Schwestern. Er bat mich zu verstehen, dass er Appetit danach hätte und rief sie sogleich an, um einen Termin auszumachen. Alldieweil ICH ihm diesen speziellen Wunsch, die Domina zu sein, seinen Schwanz mit einem Lederriemen zu peitschen, ihm Nippelklemmen anzulegen, Gewichte an den Sack zu hängen und But-Plugs in sein Hinterteil zu schieben, oder ganz und gar meinen Finger, verweigerte. Ebenso merke er gleichwohl an, dass er im Augenblick ohnehin hungrig wäre, auf Sex. Auch, als der dominante Part. Ab und an, würde es ihn immer noch rappeln, wie er sagt, und dann vermochte er sich dem Verlangen offenbar noch immer nicht gänzlich zu entziehen.
Nun gut. Dann sei es so. Ich weiß, es bedeutet ihm nichts. Es ist rein körperlich und wird an unsere Beziehung, unserer Ehe nichts ändern.
Dann besinne ich mich, für meinen Teil, eben auf etwas anderes. Derek. Womöglich noch ein Treffen mit Sasha Fliess. Und Jason Anekelea benötigt möglicherweise gleichwohl ein wenig Trost.
So nebenher könnte ich mich mit Kevin treffen. Ich weiß genau, er würde es wollen!
Troels fällt mir noch ein. Aber ich glaube, diese Geschichte ist durch. Ist abgelebt. Hat sich erledigt.
Nun, an Neuen sollte es mir im Zentrum sicherlich nicht mangeln. Es gibt genügend attraktive Männer hier. Dennoch werden es (überwiegend – ausschließlich?) Gedanken bleiben. Denn als Chefin, vermag ich mir derlei Spielereien nicht wirklich zu erlauben. Wenn ich weiterhin darauf hoffen möchte, dass man mir Respekt gegenüber bringt.
Genau DA liegt der Unterschied zwischen einer Frau und einem Mann. ER kann sich alles erlauben. Ist dann noch der tolle Hecht. Aber SIE hingegen, ist rasch in Verruf gebracht. So viel zu der immer noch männliche geprägten Gesellschaft, die herrscht.