Sonntag, 3. März 2013

Gebundenes und innerer Friede



Es wird des frühen Morgens wieder gesungen und imaginiert. Die “Ordnung” hat mich wieder, und ich, Gunnar.
“Weißt du überhaupt, was dir alles gelungen ist?”, fragte Gunnar noch während wir nebeneinander im Bett lagen.
“Was meinst du?”, fragte ich zurück.
“Als du mich abholtest, überwandest du zu allererst deine körperlichen Einschränkungen. Dann kam die größte Hürde wie ich finde, die du bravorös gemeistert hast. Wut und Eifersucht. Die nächste war das Vertrauen, und das alles nur aus Freude darüber, mich endlich wiederzusehen.” Er musste schmunzeln. Ich dachte kurz über seine Worte nach und stellte fest, dass er mit dieser Erkenntnis durchaus Recht hatte. Ich konnte mich noch sehr gut an das Gefühl in meinem Bauch erinnern, als ich ihn mit diesem Model sah. Trotzalledem ging ich auf ihn zu, winkte ihm, hatte das Bedürfnis ihn endlich zu berühren, zu küssen, ihm nahe zu sein anstatt, wie gewöhnlich trotzig wegzurennen.
Ich glaube, im Nachhinein betrachtet, war dies eine völlig neue Erfahrung für mich gewesen. Das Wesentlich daran scheint das Vertrauen zu Gunnar zu sein.
Natürlich verfolgte er meine Gedanken. Nickte lächelnd und küsste mich auf die Wange.
War DAS der Grund für seine Reise?

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Während ich gestern an meinem Notebook saß, war Gunnar aus dem Haus gegangen.
“Solange du schreibst, gehe ich zu meiner Mutter.”, sagte er und stülpte sich eine Mütze über. “Es dauert nicht lange. Versprochen.”, sprach es und ging.

Als ich etwas später, einem schlechten Gewissen folgend, Troels anrief, erzählte er mir, dass ihn Gunnar soeben besucht und zahlreiche Fragen gestellt hätte. Selbstredend gut verpackt in einem höflich, heiteren Gespräch und hinter einer freundlichen Maske. Er, Troels hätte wie abgesprochen rezitiert. Gunnar hätte sich dann bereits nach wenigen Minuten bei ihm bedankt, verabschiedet und wäre gegangen.
“Was bedeutet das nun? Was meinst du?”, fragte er mich
“Hast du auch nur eine einzige Sekunde daran gedacht, wie wir beide uns liebten?”
“Nein.”, kam die prompte Antwort.
“Bist du dir da auch absolut sicher?”, fragte ich noch einmal  besorgt nach.
“Ja.”
“Okay. Dann warte ich ab. In meinen Gedanken vermochte er gewiß nichts derartiges zu lesen. Das kann ich dir versichern.”, sagte ich noch. Zweifelte an der Einschätzung seiner eigenen Worte und beendete relativ schnell das Gespräch.
Reue breitete sich in meinem Inneren aus. Ach, hätte ich doch nur nicht..

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Aus dieser Reue heraus bemächtigte sich meiner das Gefühl Gunnar nun aller dringlichst sehen zu müssen. Ich zog meinen Mantel über, ging zum Office, und erneut vermochte ich einem Gespräch zu lauschen, welches gewiß NICHT für meine Ohren bestimmt gewesen war.
“Wie kannst du sie auch so umgehend allein lassen, nachdem ihr bei Erik ward?  Es müssen für sie immense seelische Qualen gewesen sein. Was sie dennoch nicht davon abgehielt zu diesem Troels zu rennen, wie mir zu Ohren kam. Ich sagte es dir bereits. Sie wird immer andere Männer haben.”
Ich hörte Gunnar kurz lachen. “Keine Sorge Mutter. Es wird aufhören, und es hat schon begonnen.”
“Ich weiß was ihr getan habt als ihr bei Erik ward. Du hast sie an dich gebunden. Nicht wahr? Sie wird ab jetzt kaum mehr ohne dich sein wollen.” Christine lachte. “Geschiet ihr Recht. Es ist herzlos von ihr, wenn sie dich so schamlos betrügt und das in aller Öffentlichkeit.”
“Genau DAS wird nicht mehr vorkommen.”
“Meinst du wirklich sie kann es lassen?”, frage Christine zweifelnd.
“Ja. Sie wird es.”, antwortete Gunnar.
“Und du?” Christine schien ihren Sohn anzulächeln.
“Mutter, du weißt, ich habe sie nie betrogen.”
Christine wollte etwas antowrten. Jedoch Gunnar kam ihr zuvor. “Du denkst an Siv?” Ich sah wie er den Kopf schüttelte, einen Würfel von Christines Schreibtisch nahm und damit spielte. “War eine Wutreaktion. Eine Vergeltung. Ein Ausgleich gewissermaßen. Genau wie Rolf, der mir nur zu bereitwillig den Schwanz lutschte, nachdem SIE mich am Altar hatte stehen lassen und mit ihrem Spanier auf und davon gelaufen war. Wie du weißt, hatte ich mit Männer nie wirklich viel am Hut.” Er sah seine Mutter an.
“Was war mit Eurem Dreier?”, fragte sie dem offensichlich peinlichen Thema der Homosexualität ausweichend.
“Ein Zufall. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass Rea so weit geht. Ich war mir sicher dass die Situation eskaliert. Siv war definitiv auf Provokation aus. Sie weiß um meine Neigungen. Wir haben sie damals oft praktiziert in der Zeit als wir zusammen waren.”
“Und was ist mit Marie?”, fragte Christine lachend.
“Götter! Marie. So heiß wie die brennende Sonne. Wer hätte es gedacht? Wo sie mich doch so offenkundig hasste.” Er wurde ernst und ich hörte ihn einen tiefen Atemzug nehmen. “Du weißt es musste sein. Es war das magisches Ficken.”
Christine nickte lächeln. “Und das Kind?”, fragte sie.
“Im Grunde ist es gleichgültig von wem es ist. Am vorteilhaftesten wäre es, wenn Adam der Vater sein könnte. Aber ich denke, dass ich es bin.”
Oh Gott! Oh Gott. Ich hatte Mühe mich zügeln. Mein Atem ging stoßweise. Die Knie wurden mir weich.
Was hatte ich erwartet? Ohnehin vermutete ich bereits, dass Marie Gunnars Kind in sich trug.
“Wieso bist du dir so sicher?”, hörte ich Christine fragen.
Gunnar lächelte. “Sie hatte Spaß. Und was für welchen. Wollte mich kaum mehr aus ihren Bett lassen. Erik war nur kurz bei ihr und Adam ebenso. Merkwürdigerweise konnte sie von mir nicht genug bekommen, was schon einigermaßen kurrios für mich  war, nachdem sie eine beständige Abneigung gegen mich hegte.”
Christine lachte gerade heraus. “Ja. So sind wir Frauen. Das was wir am meisten begehren, verachten oder verwehren wir uns offensichtlich selbst nur zu gern. Obgleich wir uns innerlich danach verzehren. Gleichwohl wir es manches Mals selbst nicht wissen.” Sie setzte sich auf ihren Stuhl und drehte sich zum Fenster. “Dennoch war es ein schlechtes Timing Rea allein zu lassen, nachdem ihr bei Erik ward. Meinst du nicht?”, kam sie auf das ursprüngliche Thema zurück.
“Genau genommen schon. Aber, so konnte ich mit Gewissheit feststellen, ob der Zauber gelang.”
“Und? Ist es gelungen?”
“Ja.” Ich sah Gunnar schunzeln. “Sie hat sogar ihren Zorn und die Eifersuch überwunden. Was für ein Fortschritt!”
“Ja. Was für ein Erfolg.”, hörte ich Christine zustimmend sagen. “Jetzt muss sie nur noch die Finger von anderen Männern lassen, was ich genau genommen bezweifle.”
“Das wird sie. Glaube mir Mutter. Das wird sie.”
“Wenn du es sagst.”

Ich hatte genug gehört und betrat das Zimmer. Meine Gedanken an Marie und Gunnars Kind zu verbergen suchend.
“Ah! Wir sprachen soeben von dir.”, sagte Gunnar in ruhigem Ton und keineswegs überrascht mich hier im Office zu sehen. Gerade so, als hätte er mich erwartet.
Er legte den Würfel zur Seite, kam auf mich zu und küsste mich (demonstrativ?!) auf die Lippen.
“Komm.”, sagte er zu mir und griff nach seiner Jack. “Wir gehen ein Stück.”
Während wir zurück zum Haus gingen regte sich Eifersucht in mir. Eifersucht auf Marie.
Gunnar sah mich von der Seite her an. Lächelde, legte er seinen Arm um meine Schulter und drückte mich fest an sich, sodass meine Eifersucht im Nu verflog und sich Vertrauen in mir ausbreitete. Vertrauen zu meinem Gunnar.


Noch lange dachte ich über das Gehörte und meine Gefühle zu Gunnar nach.
Wie oft hatte ich mir bereits die Frage gestellt ob ich ihm nun vollends vertrauen schenken konnte oder nicht. Mehr denn je kam ich wieder und wieder zu dem gleichen Ergebniss. Das ich kaum mehr eine Wahl hatte. Das es das Beste für mich sei. Das ich mit Gunnar doch genau genommen großes Glück hatte. Ich sollte ihm in der Tat vertrauen und mir diesen inneren Frieden endlich selber gönnen!

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Ich war müde und erschöpft nach dem Dinner, welches wir in unserem Haus einnahmen, alldieweil es mich nicht nach der Gesellschaft anderer verlangte. Ich setzte mich zu Gunnar auf die Couch und wäre beinahe eingeschlafen, als ich seine Stimme hörte: “Du kannst wählen.”, sagte er und ich hörte ein leises Kichern.
Was? Wie? Ich horchte auf. “Was meinst du?”
“Fahren wir heute Abend zu Erik, Hjalmar oder du peitschst mir den Schwanz.”
“Was willst du bei Erik?”, lenkte ich vom Schwanz peitschen ab.
“Ich muss mit ihm reden. Männersache.” Er grinste.
Ich entschied mich kurzerhand für Erik.