Ich träumte von Felicio. Genau von DEM Tag, als ich damals begann dieses
Tagebuch zu schreiben. Am 23. Februar 2011. Wir waren zu dieser Zeit in
Deutschland. Bei klirrender Kälte gingen wir Arm in Arm spazieren und
unterhielten uns. Felicio sprach darüber, dass er mich wieder verlassen müsse.
Arbeiten. Weit weg. Da war ein Gewässer. Nicht weit von uns. Ich sah seine von
der Kälte gerötete Nasenspitzte, lachte und zog ihn an der Hand hinter mir her.
Es war ein gutes Gefühl. Wir waren, ICH war so glücklich.
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Es war mir nach wie von nicht nach der Gesellschaft anderer Menschen. Aus
diesem Grund ließ ich die Speisen zu uns ins Haus kommen. Überdies
sympathisierte ich nicht mit dem Wetter. Mir war nicht nach Kälte oder einer
Rutschpartie zumute.
Gunnar hatte am Morgen im Bett erneut gewitzelt, ob ich nicht alsbald
seinen Schwanz peitschen würde. Meine
positive Laune und Einstellung dem Tag gegenüber hatte sich augenblicklich
verschlechtert. Was Gunnar natürlich bemerkte und es schlußendlich dabei
beließ. Jedoch drängte er mich dazu, wenigstens ein Stück nach draußen zu
gehen. “Ein kleiner Spaziergang an der frischen Luft wird dir gut tun.”,
argumentierte er. Selbstverständlich hatte er Recht und ich gab nach.
Mein fröstelnder Körper suchte die Nähe von Gunnar und kuschelte sich
während des Gehens an ihn. So gingen wir eine Weile schweigend miteinander und
jeder schien seinen eigenen Gedanken zu folgen, als ich plötzlich, ein Stück
weit voraus eine Frau auf uns zukommen sah, die diesem Model vom Flughafen
ähnelte.
Natürlich hatte ich weder Brille noch Kontaktlinsen um sie genauer
inspizieren zu können. Ich kniff die Augen zusammen. Schritt für Schritt wurde
sie deutlicher und in der Tat, sie war es.
Von einem Augenblick auf den anderen ritt mich der wütende Teufel der
Eifersucht. Ich rieß mich los von Gunnars Arm, der mich noch halten wollte,
weil er offensichtlich bereits ahnte was geschehen würde. Ich stürmte auf sie
zu und blieb vor ihr stehen. Versperrte ihr gewissermaßen den Weg, sodass sie
nicht weiter gehen konnte. Meine Augen fixierten die ihren. “Sind sie nicht
dieses Model mit welchem mein Ehemann arbeitete? Was tun sie hier?”
Ihre Haut war wie Porzellan und sie,
allerhöchstens zwanzig Jahre alt.
Durch meine Gereiztheit ihr gegenüber erkannte sie natürlich augenblicklich
die Eifersucht dahinter und grinste mich unverholen an. “Urlaub machen.”, war
ihre überaus primitive Antwort in einem russischen Akzent.
In der Zwischenzeit hatte uns Gunnar erreicht. Er nickte ihr zu und
begrüßte sie (vor meinen Augen) erneut mit einem Küsschen rechts und links auf
die Wange.
Sollte ich sie würgen?! Verfluchte Kuh! Was hatte sie hier zu suchen?!
Ich versuchte mich zu beherrschen. Konnte es aber nicht. Alldieweil sie
mich schlicht und einfach stehen ließ, nicht mehr beachtete und grinsend
Vertraulichkeiten mit meinem Ehemann austauschte.
Gunnar versuchte indes Abstand zu halten, weil ihm die Situation
offensichtlich peinlich war. Nur sollte sie ihm sogleich noch peinlicher
werden. Denn mein Zorn kannte kein Erbarmen, keine Grenzen und keine Etikette
mehr.
Ich packte ihre Hand, die sie auf Gunnars Brust gelegt hatte und schrie sie
an: “Verschwinden sie von hier und lassen sie meinen Mann in Ruhe!”
Gunnar versuchte mich zur Seite zu schieben. “Laß gut sei Rea. Bitte.
Beruhige dich doch.”
Sie wich hingegen keinen Millimeter zurück. “Warum sollte ich? Ich habe
absolut regelkonform in einer der Hütten eingecheckt.”
“Ich will das sie augenblicklich mein Grundstück verlassen.”, ließ ich
nicht nach. Versuchte aber dennoch mich zu zügeln, um nicht zu hysterisch zu
wirken.
Sie sah mich an und lachte. Diese Person lachte mich tatsächlich aus, ließ
mich erneut stehen und wandte sich Gunnar zu. Sollte ich sie ohrfeigen? Am
liebsten wäre ich auf sie los gegangen.
Gunnar war diese Situation natürlich mehr als heikel, wie ich seinem
Blicken entnehmen konnte.
“Wären sie so freundlich die Finger von meinem Ehemann zu lassen?”, hörte
ich mich mit gepresster Stimme sagen. Mir schien die Situation zu entgleiten,
alldieweil ich kurz davor stand handgreiflich zu werden. Jedoch wusste ich nur
zu gut, dass solcherlei unter meiner Würde gewesen wäre und ebenso weit unter
den Grenzen meiner Kraft.
Unterdessen wendete sich das Blatt bereits im nächsten Augenblick, während
ich noch so beflissen über meine Contenance naschdachte.
Nun hatte sie sich mir wieder zugewandt und tippte mir mit dem Finger gegen
die Brust.
Aus dem Augenwinkel sah ich Gunnars besorgtes Gesicht, der in jedem Moment
bereit war einzuschreiten.
“Hat dir dein Ehemann..” Sie duzte mich?!! Sie erdreistete sich tatsächlich
mich zu duzen!! Hat diese impertinente Person den Verstand verloren?!
“Hat dir dein EHEMANN nicht erzählt wie er mich gefickt hat?” Sie senkte
den Blick und dann sah sie anklagend zu Gunnar. “So wie es alle Männer tun.”
Ich würgte. Mir blieb die Luft weg.
Dennoch vermochte ich die Traurigkeit in ihrer Stimme nicht zu überhören.
Dessen ungeachtet war es schließlich nicht meine Schuld, dass die Welt war
wie sie war? Dass die Frauen (nicht nur) in dieser Branche von den Männer
benutzt worden? Dass sie sich möglicherweise aus ärmlichen Verhältnissen nach
oben gefickt hatte. Sich nach oben ficken musste, um etwas zu erreichen. Um
Geld zu verdienen, um mit aller Vehemenz und Kaltblütgkeit in die oberen Kreise
zu gelangen und in diesen einen Mann zu finden welcher sie heiratete, damit sie
abgesichert war.
Gunnar riß mich aus meinen Gedanken. “Jetzt ist es aber genug!”, hörte ich
ihn sagen. “Geh jetzt bitte deiner Weg. In der Tat wäre es besser wenn Du
diesen Ort verlässt.”
Sie lachte hysterisch. “Er hat mich genommen als ich zu ihm kam. Hat mich benutzt
und dann weggeworfen. Wie die Männer anderen auch. Hat er dir nichts davon
erzählt?”
Gunnar schob sich zwischen mich und das Model. Nahm sie am Arm und
versuchte sie wegzuschieben. “Geh jetzt bitte deiner Weg.”
“DAS ist mein Weg!” Sie weinte. Ich hörte sie schluchzen.
Sie widersetzte sich Gunnars Drängen und kam zu mir zurück. “Er hat mich
gefragt, ob ich ein Kondom bei mir hätte. Ich gab es ihm. Er zog es sich über
und er gebrauchte mich wie eine Toilette. Sah mich kaum an. Meine Fotze diente
nur seiner Befriedigung. Dann schob er mich aus dem Bett und forderte mich auf zu
gehen.”
Auf Gunnars Stirn zeigten sich zahlreiche Schweißperlen. Sein Gesicht war
beinahe puderrot. Seine Augen funkelten. Dennoch beherrschte er sich.
“Du glaubst ihr doch nicht etwa?”, fragte er mich so ruhig er es vermochte.
NEIN! NEIN! Das konnte einfach nicht sein! Gunnar tat so etwas nicht!
“Sie lügt! Siehst du nicht, dass sie bereits erreicht was sie will?” Er sah
mich abwartend an.
Sie hingegen schluchzte weiter. “Nie wird mir jemand glauben. Ihr seid alle
in eurer schönen, heilen Welt. Jeder Versuch von mir diese auch für mich zu
erreichen scheiterte bisher. Ich habe auch ein Recht darauf glücklich zu sein.”
“Was für ein Schmierentheather!
Jetzt ist es genug! Komm Rea! Wir gehen.” Gunnar nahm meinen Arm und zog
mich von ihr weg.
Sie blieb stehen.
Wir gingen zum Haus. Sie folgte uns nicht und ich sah mich nicht nach ihr
um. Gunnar ebensowenig.
Es war still. Keiner von uns sagte auch nur ein Wort, als wir im Haus
angekommen waren. Ich sah Gunnar mißtrauisch an. Dann brach er das Schweigen.
“Du wirst ihr diesen Schwachsinn doch nicht etwa glauben? Sie ist doch nur
darauf aus uns zu entzweien. Verstehst Du? Vertraue mir bitte. Das ist in solcherlei
Umständen das Wichtigste. Denn sie weiß, dass gerade dieses Vertrauen, Dein
Vertrauen zu mir Rea, ebenso leicht zu untergraben ist. Genau DAS tut sie mit
ihrem Verhalten, ihren Lügen!”
Ich war hin und her gerissen. Was sollte ich tun? Wem glauben? Gunnar? Oder
diesem (angeblich erbarmungswürdig) wimmernden Häufchen Elend?
“Sie will dein Mitleid. Siehst du das nicht? Somit umgeht sie sogar deine
Eifersucht. Dergleichen Strategie ist mir wahrlich noch nicht untergekommen.”
Gunnar schüttelte den Kopf. Er schien ruhiger zu werden. “Ich glaube, ich
brauche ein Gläschen.”, sprach es und ging zur Bar.
Wahrheit oder nicht. Genau genommen konnte sie und ihr Geschwätz mir
gleichgültig sein. Selbst wenn es der Wahrheit entsprach.
So beschloss ich kurzerhand nicht weiter darüber nachzudenken und Gunnar
(nur zu bereitwillig) Glauben zu schenken.
Aus welchem Grund sollte ich mir meinen, unseren Tag mit dieser Fotze
verderben?
Einer Fotze, wie sie bereits richtig bemerkte, welche er vielleicht nur ein
einziges Mal “benutzt” hatte wie einen Restroom, um sich zu erleichtern.
Nichtsdesttrotz hatte ihr Gewimmer mein Herz erreicht. Ich wusste nur zu
gut, dass es in dieser Banche derart herzlos zuging. Dennoch vermag ich die
Welt nicht ändern und ebensowenig alle sträunenden Hündinnen bei mir
aufzunehmen. Sie sogar noch vorzugsweise meinem Ehemann als Latrine zu
überlassen, und ihn im schlimmsten Fall an “eine von denen” zu verlieren.
“Es tut dir nicht gut und ist überdies noch unnütz.”, hatte Gunnar zu mir
gesagt.
Also beruhigte ich mich. So wie
Gunnar es mir riet. Suchte das “Ereigniss” beiseite zu schieben. Mit
abwertenden Gedanken zu überdecken. Was mir durchaus ganz gut gelang. Auch
Gunnar sah ich eine gewisse Erleichterung ob meiner beständigen Abkühlung an.
Was genau genommen eine gewisse Ignoranz der Situation gegenüber war.
Aber was sollte ich mich aufreiben? Mich mit Gunnar streiten?
Wenn ich Eines gelernt hatte, dann ist es das Angenehme zu schätzen. Was
ebenso wie alles andere eine Sache des Standpunktes ist. Wie Gunnar mir
beständig zu vermitteln sucht.
Möglicherweise verinnerliche ich diese Lektion so allmählich. Was mir mit
Sicherheit nicht zum Nachteil gereicht.
Dennoch kreisen meine Gedanken noch immer um ihre Worte, die so abscheulich
in meinen Ohren klangen, dass ich in der Tat eine lange Weile brauchen werde um
sie zu ignorieren.
Schönrederei?