Donnerstag, 7. März 2013

Shopping-day? und Lügengeschichten?



Ich hätte mir niemals träumen lassen, dass mir selbst das Shoppen zum Problem werden könnte. Zugegebenermaßen hatte ich noch nie wirklich viel dafür übrig. Dennoch tut es gut, sich ab und an etwas zu gönnen. Einerseits mag es aufregend sein. Andererseits überaus anstrengend und ermüdent.
Noch während wir in der Drottninggatan in einer Sushibar aßen, warf ich das Handtuch.
Gunnar packte mich samt Einkauf in den Wagen und wir fuhren zurück zum Zentrum, wo mir nichts anderes übrig blieb, als mich liegend zu erholen.
Sonne, Wärme und die hektischen Menschen hatten mir zugesetzt. Ich bin diese geballte Unrast nicht mehr gewohnt.
Gunnar meint, dass es krankheitsbedingte Erschöpfung gewesen sei. Und der Stress, selbstverständlich. Was ich als Unmöglichkeit empfinde.
Wie kann es sein, dass ich nicht einmal mehr zu einem Bruchteil dessen fähig bin, was ich noch vor einem Jahr zustande brachte?
Trotz aller Kraftlosigkeit wurde ich wütend. Auf mich. Meinen Körper. Dieses schwache Ding, der mir immer weniger gehorcht.
Ich schimpfte mit mir und Gunnar, und am Ende weinte ich.
Gunnar war bedrückt. Nahm mich in den Arm und hielt mich. Der Kummer war ihm schlichtweg anzusehen. Er versuchte mich zu beruhigen und mit mir zu reden. Über eine Thematik, welcher ich mich bisher entzog.
Ich will nicht darüber reden oder nachdenken was ich NICHT mehr kann. Es ist ohnehin genug.
Im Zentrum vermag ich mir mein Leben nach meinen Bedürfnissen einzurichten. Hier geht es mir im Allgemeinen gut, und ich muss nicht über Vieles nachdenken. Kann mich treiben lassen. Meine Ausflüge in die „normale“ Welt sind jedoch von wenig Freude und Erfolg gekrönt. Wie ich wieder und wieder feststellen muss. Es allerdings nicht einsehen will. Nicht wissen, nicht hören will. Basta!
Es ist eine beständige Gradwanderung zwischen Können und Wollen.
Gunnar weiß das. ER weiß mehr als ICH wissen will. Und er weiß auch sehr wohl, dass ich noch immer nicht wirklich bereit zum Reden bin.
Es ist mir nicht danach über derartiges nachdenken. Darüber, dass ich zu einem Krüppel werden könnte, der kaum fähig ist sich selbst zu helfen.
Nein! Niemals!

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Gunnar war bis zum Abend bei mir geblieben um mich zu trösten, als seine Mutter ihn zu sich ins Office rief. Alldieweil es noch etwas “Wichtiges” zu besprechen gab.
So dämmerte ich auf der Couch liegend vor mich hin. Schlief ein und wachte auf, sobald ich ein Geräusch vernahm. Nur hatte ich offensichtlich nicht bemerkt, wie sich jemand Zutritt zu unserem Haus verschafft hatte. Denn als ich urplötzlich und erschrocken erwachte, stand dieses Model direkt neben mir und sah auf mich herab. Ich wusst nicht genau wie lange sie bereits da gestanden hatte. Ich starrte sie total verdutzt und mit großen Augen an. Denn sie lächelte kurz.
Tausend Gedanken rasten mir in diesem Augenblick durch den Kopf. Sie hätte mich töten können. Wo war Gunnar eigentlich? Wo sind die Leute vom Sicherheits-Team wenn man sie braucht? Was will sie hier?
Ruckartig stand ich auf, meine Scherzen vergessend.
“Schschsch..” Sie legte den Fingeer auf den Mund.
Eine Psychopathin. Dachte ich und sah mich nach einem Gegensatnd in meiner Nähe um, welchen ich ihr an den Kopf hätte werfen können.
Sie lächelte erneut. Schien sich über meine Unbeholfenheit lustig zu machen. Was mich noch viel mehr in Panik geraten ließ.
“Bitte.” Sie streckte die Hände nach mir aus. Ich wich ihr aus, stolperte und viel unversehens auf die Couch zurück.
“Bitte.”, wiederholte sie. “Sie glauben mir nicht. Ich weiß.”
Hatte ich soeben “Sie” gehört? In der Tat, sie duzte mich nicht mehr. Was war geschehen?
Ich sah ihr mit verstörtem Blick in die Augen. Blieb dennoch still und abwartend.
Sie kam näher und setzte sich neben mich, gerade so, als wäre sie meine beste Freundin. Sie griff nach meiner Hand und redete in verschwörerischem Flüsterton: “Ich weiß nicht was er ihnen erzählt hat. Aber es war genau so wie ich es ihnen sagte.” Mittlerweile hielten ihren beiden Hände die Meinen. “Gunnar erschien mir so souverän und reich zu sein. Gutaussehend noch obendrein. Also dachte ich mir, ich vesuche ihn für mich einzunehmen. Wissen sie, es ist schwer in dieser Branche. Es braucht Zeit und viele Betten, um in die obere Liga aufzusteigen. Um vielleicht den Hauch einer Chance auf einen Mann zu bekommen, der zu einer Heirat bereit ist, damit man versorgt ist. Ich kann es mir auch nicht leisten darauf zu achten ob DER Mann bereits Frau und Kinder hat. Ich muss selbst sehen wie ich weiter komme. Verstehen sie?”
Sie drückte meine Hand und sah mich mit flehenden Blick an, und genau genommen wusste ich noch immer nicht, was sie eigentlich von mir wollte.
“Wir geben immer mehr als wir bekommen.”, sprach sie weiter. “Ich dachte, vielleicht findet er mich attraktiv genug für mehr als nur einen Fick. Ich habe mich jedoch getäuscht. Zu Beginn dachte ich noch, dass ich Glück mit ihm hätte. Er schien nicht wie die anderen zu sein. Zog mich nicht gleich lüstern ins Bett. Stellte mir Fragen über mich und mein Leben, sodass ich dachte er sei an mir interesiert. Es war jedoch nur ein Vorab-Check meiner Lebenslage, damit es für ihn “hinterher” keine Schwierigkeiten geben würde. Denn so nach und nach kam er zur Sache. Er hat mich gefickt. Von hinten und  von vorn. Mit Kondom selbstverständlich. Nach welchen er mich vorab fragte. Ich bemerkte nur, dass er mich kaum ansah. Und wenn, dann war es eher ein Fixiren und Abschätzen. Am Ende sagte er mir ich solle mich anziehen und könne gehen. Als ich ihn dann ein wenig verwundert ansah, war da etwas Kaltes in seinen Augen, das mich erschreckte und ich dachte es sei besser zu gehen, bevor noch etwas Schlimmes passiert.”
Als sie DIES sagte, wich ich ein Stück zurück und schüttelte mit dem Kopf. Bis hierher hatte ich ihr aufmerksam zugehört. Aber DAS, was sie nun beschrieb, konnte niemals Gunnar sein! Unmöglich! Sie log!
”Mir hat er erzählt, dass er mich als seine Frau erwähnte und ihnen ein Foto von mir zeigte. Gleich anschließend wären sie gegangen.” Ich sah sie forschend an. “WÄREN sie tatsächlich gegangen?”
Sie lächelte. “Nein. Vermutlich nicht.” Aber so war das nicht. Glauben sie mir.”
“Bedeutet dies, dass er mich nicht einmal erwähnt hat?”
“Doch. Das hat er. Zum Schluß, als ich mutmaßte, dass er verheiratet sei, hielt er mir triumpfierend ihr Foto unter die Nase. In diesem Moment sah ich ein, dass SIE das tausendmal schönere Model sind als ich. Warum modelns sie eigentlich nicht?”
Nun war es an mir zu lachen. “Zum Glück habe ich es nicht nötig mich zu verkaufen. ICH kaufe!”
Sie lächelte. “Sie sind reich. Nicht wahr?”
Blitzgescheit mit schneller Auffassungsgabe war sie offensichtlich ebenso. Dachte ich zynisch und zog meine Hände zurück.
“Deshalb wird er sie auch nicht verlassen. Ohne ihr Geld ist er nichts.”
Jetzt war es aber genug! Was bildete sich diese Schlampe eigentlich ein? Hatte sie nicht eben selbst noch bemerkt, dass ich um Längen attraktiver bin als sie? Was ließ sie mutmaßen, dass Gunnar nur des Gelds wegen bei mir war? Vielleicht mögen DIE Männer, welche SIE bisher kennenlernte SO gewesen sein. Egosistisch, rücksichtslos, hart und unbarmherzig. Jedoch Gunnar nicht!
Ich stand auf so ruhig wie ich es vermochte. “Sie lügen doch wenn sie den Mund aufmachen. Gehen sie jetzt. Ich will sie nie wieder sehen. Am besten, sie verlassen das Zentrum und checken aus.”
Sie erhob sich ebenfalls und kam erneut einen Schritt auf mich zu. “Nein, nein!”, sagte sie und wieder griff sie nach meinen Händen. “Sorgen sie sich nicht. Ich werde ihnen ihren Mann nicht wegnehmen. Wollte ich es jedoch, wäre mir sein Charakter gleichgültig und auch, dass es sie gibt.”
Ahh! Jetzt verstand ich endlich. Er, Gunnar, war nicht mehr von Interesse für sie, weil nicht ER das Geld besaß wonach sie gierte, sondern ich! Mich würde sie wohl kaum heiraten wollen. Denke ich.
Ein kurzes spöttisches Lächeln breitete sich in meinem Inneren aus.
Was wusste sie schon von Gunnar. Er war doch schließlich kein “NICHTS”! Selbst ohne mich und mein Geld hätte er gute Chancen  als Model oder gar Schauspieler zu arbeiten. Im Grunde brauchte er mich nicht. Hätten sich unsere Lebenswege nie gekreuzt, wäre seine Mutter Christine sicherlich noch mit Gunnars Vater liiert und sie würden miteinander in Stockholm wohnen wie vorher. Gunnar würde studieren und modeln wie seine Brüder. Er könnte tun und lassen wonach ihm der Sinn steht. Oder Erik hätte ihn zu sich geholt.
Sein Leben wäre gegebenenfalls sogar leichter und sorgloser ohne mich, als mit mir.

Im selben Augenblick öffnete sich die Tür und Gunnar betrat das Zimmer. Er blieb kurz stehen. Sah von mir zu ihr. Schien sich aber augenblicklich zu fassen. Zog wie gewohnt seine Jacke aus und kam auf uns zu.
“Ich will das du gehst.”, sagte er in resolutem Ton zu ihr. “Verschwinde. Ich will dich hier nie wieder sehen. Verstehst du was ich sage?”
Unsicherheit war in ihren Augen zu erkennen. Gerade so als hätte sie Angst und wäre auf alles gefaßt, stand sie auf unsicheren, zitternden Beinen. Ihre Hännde fingerten verschreckt an den Knöpfen ihres Mantels bis sie es schlußendlich ließ und ohne ein Wort nach draußen ging.
Gunnar schloss hinter ihr die Tür.
“Was hat sie dir erzählt?”
“Lügen.”, antwortete ich, um weiteren Diskussionen aus dem Weg zu gehen.
Dennoch war mein Innerstes erneut im Zweifel. Ich wußte noch immer nicht, wem ich glauben konnte. Hatte sie alles nur erfunden weil sie neidisch auf mich war. Neidisch auf mein Geld. Auf Gunnar. Auf mein Leben?
Hatte er nun mit ihr gefickt oder nicht?
Der Wahrheit letzter Schluss scheint mir auch in diesem Fall auf ewig verborgen zu bleiben.

Später erzählte mir Gunnar fast beiläufig, dass sich dieses Model offensichtlich das Vertrauen eines unserer Gäste erschlichen hätte. Ein reicher Australier, der hier seinen Urlaub verbringen würde.

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Ich hatte nur wenig Lust auf Sex an diesem Abend. Dennoch gab ich Gunnars Verlangen nach als wir zu Bett gegangen waren.
“Nur kurz.”, hatte er lächelnd zu mir gesagt, bevor er sich über mich schwang. Denn er wusste, dass ich müde und abgespannt war.
Im Nachhinein diskutierten wir über Gleitgels und ähnliche Artikel. Alldieweil meine Schleimhäute durch die Medikation zu trocken geworden sind und ich deshalb bei wenig Lust oft Schmerzen verspüre. Besonders zu Beginn, wenn Gunnar in mich eindringt. (Bei Troels war dies nicht so gewesen, erinnerte ich mich in diesem Augenblick. Sein Penis ist dünner als Gunnars.)

Ebenso versicherte mir Gunnar wieder und wieder wie sehr er mich liebe und wie überirdisch schön ich sei.
“Selbst WENN ich eine andere ficken würde, könnte ich dabei nur an dich denken.”, witzelte er.
Ich ließ es so stehen und lächelte ebenfalls.

Nach außenhin mag ich eine einunddreißigjährige durchaus bezaubernde Frau sein. Jedoch im Inneren ist mein Körper ein sich auflösendes Wrack. Waren meine abschließenden und ernüchternden Gedanken zu diesem Thema und zu diesem Tag. Denn ich hatte hatte genug. Wollte nur noch schlafen.