Mittwoch, 19. Juni 2013

Experimente und Hypothesen



Zu manchen Zeiten scheint es mir, als sei Gunnar erleichtert darüber, den Sex ganz entspannt genießen zu können. Ohne übermäßige Anspannung. Ohne masochistische Spielereien. Ohne seinen Orgasmus zurückhalten zu müssen oder zu wollen. Schlicht und einfach unkonventioneller Sex ohne reichlich Schnick Schnack. Jedoch vermag ich mich ebenso zu täuschen.

Ich sinniere häufig über Gunnars Neigungen nach. Den Sex mit ihm und Gunnar selbst. Er ist schließlich mein Ehemann. Welchen ich schlussendlich zweifelsohne lieben lernte.
Möglicherweise ist er noch immer daran sich auszuprobieren. Er ist schließlich erst sechsunddreißig Jahre alt.
Wie hat sein sexuelles Leben überhaupt begonnen? Wie sehr prägte ihn die Zeit in der Sekte?
Ist er tatsächlich ein Masochist? Was ist überhaupt ein Masochist? Ist nicht jeder von ihnen ebenso unterschiedlich wie die Blumen auf einer Sommerwiese? Sind wir nicht alle ein wenig sadomasochistisch? Was ist schon normal?
Gibt es nicht tausende Spielarten? Steht es in der Tat so fest, dass man dies oder das ist? Oder vermag man sich ebenso zu verändern.
Okay. Ein Schwuler bleibt ein Schwuler. Der wird nie hetero.
Sind Gunnars Sexspielarten tatsächlich schon derart ausgereizt, das er beinahe nur noch durch Schmerz zum Höhepunkt kommt? DAS kann und will ich nicht glauben. Unser Sex ist zuweilen überirdisch gut.
Oder ist es etwa so, dass sich der Kreis irgendwann schließt. Man aller Experimente überdrüssig ist und kommt zu einer gewissen „Normalität“ zurück? Was eher unwahrscheinlich sein mag.
Ich kann es in der Tat nicht sagen.
Möglicherweise ist es auch eine Art Zufriedenheit, die man mit den Jahren in der Beziehung, mit einem Partner entwickelt. Genügsam wird, mit DEM, was man hat.
Vielleicht geht es irgendwann nicht mehr nur um Sex, und Leidenschaft wandelt sich in dauerhafte Gewohnheit, Sicherheit, Geborgenheit für- und miteinander.
Die Liebe bleibt. Wird vielleicht sogar stärker und der Respekt voreinander ist das Wichtigste.
Ich bin mir sicher, dass jeder von uns seine kleinen Geheimnisse beharrlich für sich behält. Vielleicht sogar, um den anderen nicht (zu sehr) zu verletzen.
Und vielleicht ist es tatsächlich nicht so wichtig das alles zu wissen. Oder manches ganz und gar zu ignorieren. Zu verzeihen. Wenn nötig. Schlicht und einfach nur das gemeinsame Leben zu meistern.
Denn das Leben an sich stellt bereits ausreichend Forderungen an einen selbst, sodass man doch durchaus glücklich ist, nicht allein zu sein.
Ist es dann doch nur die Angst davor nicht allein zu sein? Nimmt man deshalb so vieles hin? Weil man einfach nur in Frieden leben mit einem anderen Menschen möchte?
Ist die Angst nicht allein zu sein, etwa fürwahr der Weisheit letzter Schluss?

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Mein Körper zwingt mich zur Ruhe. Zum Gleichmut. Zur Meditation.
So wie ich selbst, leidet mein Magen offensichtlich ebenso an gereizter Nervosität.
Gleichwohl mir, fühlt er jede noch so kleine Gefühlsregung nach und reagiert nicht sonderlich freundlich auf Anstrengungen.
„Was in Jahren entstand, verschwindet nicht in Wochen oder Tagen.“, sagte Mary. „Es gibt noch zahlreiche Optionen. Wir müssen nur experimentieren, welche die Richtige für dich ist.“, sprach es und entzog mir alle Süßigkeiten. Selbst ohne Malzkaffee musste ich heute Morgen auskommen. Dafür gab es Granatapfel. Dessen Fruchtsäure sie testen wollte.
Ich solle strengstens darauf achten, auf welche Speisen oder Getränke mein Magen reagiert. Das letzte Essen zischen 18.oo und 19.00 Uhr zu mir nehmen. Danach keine anstrengenden Tätigkeiten ausüben und mich möglichst nicht nach unten bücken. Sollte ich doch noch ein brennen im Magen verspüren, hätte sie eine Art Gel, was wiederum erst zwei Stunden nach den „nötigsten“ Medikamenten eingenommen werden dürfe. Welche sie ohnehin bereits reduzierte und umverteilte.

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Maries Niederkunft steht nun unmittelbar bevor. Zumindest nach Meinung der „magischen Experten“.  Aus diesem Grund ist Erik (für mich) überraschend angekommen. Alle anderen schienen davon gewusst zu haben.
„Diese Kinder werden geboren, um eine Aufgabe zu erfüllen.“,  sagte Erik in bedeutungsvollem Ton.  „Bevor man Kinder zeugte, zog man in früheren Zeiten stets den Astrologen zu Rate. In der Avalon Saga, sowie heute noch in den großen Königshäusern wird dies deutlich. Das Eintreten der Kinder auf diese Welt wurde geplant. Gunnar erzählte dir bereits darüber Rea. Kannst du dich erinnern?“ Er sah mich an.
Ja. Natürlich konnte ich das.
„Sie werden dementsprechend erzogen. Von Adam, Erik und mir.“, warf Gunnar selbst ein.
„Dir?“, fragte ich verwundert.
„Ja. Sie werden magisch geschult und bekommen das Wissen von uns allen Dreien.“