Samstag, 1. Juni 2013

Auszeiten – Veränderungszeiten – immerwährende -Zeiten



Indes ich im Netz nach Engeln suchte, vergaß ich Troels, ganz und gar.
Gunnar fand mich noch immer vor meinem Notebook sitzend, als er zurückkam, um mich zum Dinner abzuholen. Ich hatte nicht einmal bemerkt, wie hungrig ich gewesen war.
Ich vermag nicht zu ermessen aus welchem Grund, jedoch just in dem Augeblick, als ich das Haus zu verlassen gedacht, brach eine Anflug einer kurzen Panik Attacke über mich herein, sodass Gunnar mich für eine Weile fest an sich gedrückt in seinen Armen halten musste, bevor wir gingen.
Irgendetwas hatte mich berührt. Lag die Ursache etwa in der Beschäftigung mit Engeln?
So ein Unsinn. Natürlich nicht.

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Gunnar begleitete mich nach dem Dinner zurück zum Haus.
Ich vermute, er war das aller erste mal einigermaßen glücklich darüber, mich erneut am Notebook sitzend zu wissen, (anstatt bei Troels), während er zurück zum Office ging.
Unterdessen ich das Paket von Kevin öffnete, rief mich Gunnar an, dass er nach Stockholm fahren müsse.
„Begleitest du mich?“
„Nein. Mein Verlangen danach hält sich in Grenzen. Ich denke, ich surfe, steigere und kaufe lieber von hier aus.“, versuchte ich meinen Worten ein wenig Witz zu verleihen.
„Gut. Wie du willst. Ich bin dann gegen Abend zurück. Denke ich zumindest.“
„Was soll DAS denn bedeuten?“, wurde ich misstrauisch.“
„Es ist Freitag, und ich dachte, ich schau kurz bei Hajlmar vorbei. Sven und Carsten werden sicher auch dort sein.“
Ein lautes „Ahhhhh!“ entfuhr meiner Kehle. „Dann wirst du sicher erst Morgen zurückkommen. Ohne Bier wird es am Freitagabend sicher nicht abgehen.“
„Hey. Warum kommst du nicht einfach mit?“, suchte Gunnar dem Gespräch eine positivere Wende zu geben.
„Hjalmar. Nein. Tue, was du nicht lassen kannst.“ Ich legte auf. Ärgerte mich.

Mit den Augen auf Kevins Geschenk gerichtet, welches vor mir lag, schrieb ich ihm eine SMS und dankte ihm dafür. Nach einigen Augenblicken läutete mein iPhon. KEVIN!


Das Gespräch war kurz und genau genommen oberflächlich. Jedoch war ich so überglücklich seine Stimme zu hören, dass sich meine Laune schlagartig verbesserte.
So vergnügt wie ich war, lief ich einige Male im Zimmer hin und her. Zum Tisch. Zum Schrank. Zum Fenster und da sah ich Paul, wie er in unserer „Uniform Streife“ lief.
Ohne nachzudenken, einen inneren Impuls folgend, rannte ich nach draußen und schlang, als ich ihn erreichte, meine Arme um seinen Hals. Der überraschte Paul tat einen Schritt zurück. Legte jedoch dann so allmählich und sanft seine Arme um meine Hüften und ich hörte ein warmes „Hallo“ aus seinem Mund.
Nach einigen Sekunden ließ ich los und strahlte ihn an. „Schön dich zu sehen.“
„Schön sie zu sehen.“, antwortete er mit einen ebensolchen Leuchten in seinen  Augen.
Da es nichts weiter zu sagen gab, ließ ich die beiden ziehen. Ging zurück zum Haus, um mir Mantel und Schuhe anzuziehen und begab mich auf die Wege des Zentrums, um Troels zu suchen. Natürlich hätte ich ihn anrufen können. Aber, warum ihn nicht überraschen?
Unterwegs traf ich Jason Anekelea. Ich konnte indes nur freundlich nicken. Alldieweil seine Frau samt Kind neben ihm ging mich argwöhnisch ansah. Im Inneren jedoch, tat mein Herz einen Sprung, den ich zu verbergen suchte.
Dann sah ich Joseph Bariello und ging auf ihn zu. „Wissen sie wo Troels Hütte ist?“
Er wies mir den Weg und mit einem Mal platze es aus mir heraus: „Warum?“
Er sah mich fragend an.
„Warum haben sie sich zu dergleichen hergegeben? Sich entschieden als Callboy zu abreiten? Dieser kriminellen Organisation lautlos zugestimmt.“
Er zog die Augenbrauen nach oben und räusperte sich. „Habe ich DAS tatsächlich?“
Nun sah ich ihn verwundert an.
„Es war meine Chance hier bleiben zu können.“, sagte er dann.
Ich lächelte. Verstand.
Er lächelte verstehend zurück.
Ein flüchtiger Griff nach seiner Hand, die ich leicht drückte und dann ging ich weiter.

Das Häuschen, in dem Troels nun wohnte, war weiter von unserem entfernt als das Vorherige.
Als ich an die Tür klopfte, öffnete wie gewohnt Mads mit einem breiten Grinsen im Gesicht. „Hi! Komm rein. Er hat schon die ganze Zeit auf dich gewartet. Ruf ich sie an? Ruf ich sie nicht an?“ Er grinste und dann ein lauter
Schrei: „Troels!  SIE ist hier!“

Ich blieb vorerst nahe der Tür stehen und wartet ab bis ich Troels aus seinem Zimmer kommen sah. Dann hielt es mich nicht mehr und ich fiel ihm um den Hals. Klammerte mich fest. Ließ nicht mehr los.
„Hey. Ist gut. Ich bin doch wieder hier.“, hörte ich seine sanfte Stimme.
Er hob mich hoch und trug mich auf seinen Armen in sein Zimmer, wo er mich auf dem Bett nieder legte. Zuerst sah er mich eine ganze Weile nur an. Dann küsste er mich und setzte sich zu mir auf die Bettkante.
„Gunnar sagte ich soll nicht mit dir ficken.“
Er lachte. „Oho! Und was denkst du?“
Ich biss mir auf die Lippen, begann zu strahlen und streckte die Arme nach ihm aus.
„Ich vermute, es ist unumgänglich dich heute noch in mir zu spüren.“
„Tatsächlich? Meinst du wirklich wir sollten das tun?“ Er schmunzelte.
„Ja! Ja! Ja!“

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Als es Abend wurde, verließen wir Troels Zimmer und nahmen auf der Couch im Wohnzimmer Platz. Noch immer konnte ich ihn in mir spüren. Das hin und her Gleiten seines schlanken langen Penis in meiner Scheide. Ebenso vermochte ich noch immer die sanften Berührungen seiner Hände auf meiner Haut zu fühlen. Seine Lippen auf den Meinen, und augenblicklich schlicht sich von irgendwoher eine Art Beklemmungen ein. Nicht Reue. Ausschließlich ein unbehagliches Gefühl (von Schuld). Wie sollte ich Gunnar in die Augen schauen? Er würde es ohnehin sogleich bemerken.
Gleichgültig. Zumindest für den Augenblick. JETZT war ich noch bei Troels und gedachte die verbleibende Zeit mit ihm zu genießen.

Wir sprachen über Berlin und Kevin. Warum ich so übereilt das Land verließ.
Ebenso über die vielen Tage, in denen wir uns nicht sahen, und das er glückselig war, wieder hier sein zu können.
Ich berichtete ihm, was ich über die Vereinbarungen mit dieser kriminellen Organisation wusste, und er sprach über seine Zeit, den Job und die Frauen in diesem Bordell, in welchen er als „Hauswart“ tätig war.
Wo ich nur Verachtung erübrigen konnte, schien er voller Mitgefühl für die Huren. Sie taten ihm leid.
Ich erwähnte, dass ich Gunnar nach Stockholm begleitet hatte und nun genau wusste, wo dieses Model, diese Elena wohnte. (Welche ebenso noch vor kurzem für diese Organisation als Hure arbeitete.)
„Möglicherweise hilft er ihr tatsächlich nur?“, entgegnete Troels.
„Ich bin mir in ihrem Fall nicht sicher. Zumal er bereits mit ihr...“ Ich räusperte mich kurz. „Du weißt, was ich meine.“ Er lächelte. „Ja. Natürlich.“


Um noch ein wenig Zeit zur „Wiederherstellung der Ordnung“ in meinem Kopf zu erhalten, ging ich allein, so gegen Mitternacht zu unserem Haus zurück. Gespeist hatte ich gemeinsam mit Troels. Schließlich wusste ich nicht wirklich, ob Gunnar bei Hjalmar übernachten würde.  SO war ich wenigstens auf „der sicheren Seite“.
Ich hatte nicht gewollt, dass mich Troels begleitet. Ich benötigte diese Zeit, um zur Ruhe zu kommen und mich auf Gunnar einzustellen. Damit nicht gleich und sofort alles, und am besten gar nichts offenbar wurde, von dem was ich tat.

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Gunnar kam an diesem Abend tatsächlich zurück. Nein. In dieser Nacht. Denn es war bereits drei Uhr als ich einen Wagen draußen parken hörte.
Ich stand auf und schlich leise im Dunkel zum Fenster. Es war tatsächlich Gunnar. Zudem war da noch diese Siv, die aus seinem Wagen stieg und in das Haus gleich neben dem unseren ging. Sie blieb an der Tür stehen. Forderte ihn mit einem Wink ihrer Hand auf ihr zu folgen. Gunnar sah kurz zu mir herüber und ging zu ihr ins Haus.
WAS bedeutete denn DAS bitteschön!?
Mit einem Mal war ich hell wach.
Okay. Was sollte ich tun?
Nervös lief ich hin und her.
Warum nicht schlicht und einfach hinüber gehen?
Nein. Blödsinn.
Wie wäre es, wenn ich leise zum Fenster hineinspähen würde, um zu sehen, was da vor sich geht?
Ja!
Mein Entschluss stand fest. Ich zog mir in Windeseile meine Kleidung, samt Schuhe, Schal und Mantel über und verließ das Haus durch die hintere Tür.
Ich kam ganz nah an ein Fenster und sah hindurch. Die beiden diskutierten. Aber ich vermochte bedauerlicherweise nicht zu7 hören, was da gesprochen wurde.
Dann sah ich, wie Gunnar sich in Richtung Tür wand und eine Geste des Abschieds tat.
Zurück zum Haus zu laufen war es zu spät. Er würde ohnehin bemerken, dass ich draußen gewesen war. Kurz entschlossen ging ich schlicht und einfach zur forderen Tür und postierte mich dort.
„Oha! Was machst du denn hier draußen?“
„Ich hörte einen Wagen und sah dich mit einer Frau hier in dieses Haus gehen.“
„Nun. Ich dachte, du würdest dich vielleicht darüber freuen, wenn ich doch noch heute“, er hob den Arm, sah auf seine  Uhr und verzog den Mund, „zurückkommen würde. Es tut mir leid, dass es so spät geworden ist.“
Ich konnte das Bier in seinem Atem riechen. Was in diesem Augenblick nicht wirklich relevant für mich war. „Was macht SIE hier?“, fragte ich empört.
„Sie wohnt hier.“, sagte er, und tat, als wäre es das Normalste dieser Welt.
„W-a-s?“
„Schließlich hast du auch einen Freund hier in deiner Nähe.“, suchte er dem Gespräch eine Wende zu geben und betonte dabei das Wort „Freund“ mit einem Augenzwinkern ganz besonders. „Ich habe sie doch nur mit hier her genommen. Sie hatte die letzten Tage der Unruhen wegen durchgehend Dienst.“
Wollte er nun etwas  noch mein Mitgefühl für diese Siv wecken. Was für eine Farce!
Wir waren mittlerweile in unserem Haus angekommen.
„Komm, lass uns zu Bet gehen. Wir wollen nicht streiten.“ Gunnar stellte sich unmittelbar vor mich hin, nahm meine Hände in die Seinen und küsste mich auf den Mund. „Du bist ja ganz kalt. Wir kuscheln uns aneinander und ich wärme dich wieder auf. Was meinst du?“
Und so ganz beiläufig, nebenher, während ich mir erneut mein Neglischee über zog, fragte er nach Troels „Warst du bei ihm?“ Wie geschickt!
Im selben Moment wurde mir klar, dass ich augenblicklich meine Gedanken verbergen oder zumindest „umlenken“ musste. Daher sagte ich zwar „Ja.“, dachte jedoch dabei an Paul, Jason, Lisa. Was und wer mir gerade so in den Sinn kam, und überdenke somit die Gedanken an Troels.

Letztendlich gingen wir zu Bett. Kuschelten uns aneinander. Schliefen heute Morgen aus, und als wir die Augen öffneten war alles vergessen und wie immer. Zumindest für den Augenblick.