Dienstag, 25. Juni 2013

Liebesbäumchen, wechsle dich - Enttäuschung



Die Zwillinge schliefen.
Marie wollte einige Meter gehen. Zum Flussufer hinunter.
Gunnar war joggen,  Erik in der Umgebung unterwegs und ich döste auf der Veranda.
Ruby Jane hatte Mary und Tate´ogna nita pehin überreden können sie nach Biloxi zu ihrem Bruder Charles zu begleiten. Womöglich würden sie erst Morgen zurückkommen. Es waren immerhin etwa 100 Meilen.
Plötzlich legte sich eine Hand auf meine Schulter. Es war Adam.
Ich nahm sie und drückte sie leicht. Er setzte sich schweigend neben mich und starrte in den Horizont.
„Ich glaube, Marie liebt mich nicht.“, sagte er nach einer Weile.
Was hätte ich antworten sollen. Schließlich wusste ich, dass es tatsächlich so war. Er tat mir leid. In gleichem Maße, was die Kinder betraf. Seine Gefühle mussten ähnlich dem meinen sein. Nur, dass ich mir sicher war, dass Gunnar mich zumindest  liebte.
Adam nahm meine Hand und sah mich an. „Und du, liebtest mich auch nie wirklich.“, bemerkte er vorwurfsvoll.
Ich musste schmunzeln. „Es war stets unvergesslich und berührte mein Herz auf eine ganz besondere Weise, wenn ich bei dir war. Vom ersten Augenblick an, als ich dich traf, warst du mir mehr als nur sympathisch. Das weißt du Adam.“
Er tat einen tiefen Atemzug, lehnte sich zurück und lächelte.
„Wo ist dein Mann?“
„Joggen. Denke ich.“
„Wo ist deine Frau?“
Wir lachten.
„Joggen wird sie wahrscheinlich nicht sein. Sie wolle ein paar Schritte gehen.“
Am liebsten hätte ich ihn darauf angesprochen, dass ich glaubte zu wissen, dass Marie in Gunnar verliebt war. Ich ließ es jedoch besser sein.
Adam räusperte sich. „Weißt du, was ich glaube? Marie hat sich in Gunnar verliebt.“
Hatte er meine Gedanken gelesen? War er ebenso einer dieser Magier wie Gunnar, welche in die Köpfe der Menschen sehen konnte?
Mein relativ entsetzter Blick verriet ertappt worden zu sein.
„Ahh. Du hast es auch bemerkt. Nicht war?“
„Ja.“, antwortete ich verlegen.
„Was soll ich jetzt nur tun? Obendrein sind es noch seine Kinder.“
„Nichts.“, fuhr es mir eher unbedacht über die Lippen.
„Nichts?“
„Du kannst dich nicht von Marie trennen.“, setzte ich nach.
„Warum nicht? Wie wäre es mit uns beiden? Schließlich bin ich dein anderer Seelenpartner.“
Ein herzhaftes zustimmendes Lachen kam aus meinem Mund. Er hatte Recht.
Marie hingegen ebenso. Adam liebte mich in der Tat noch immer.

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Es muss spät gewesen sein, als Ruby Jan, Marie und Tate´ ogna nita pehin zurückgekommen waren. Ich hatte es nicht bemerkt. War ohnehin frühzeitig zu Bett gegangen. Ich schlafe viel. In letzter Zeit.
Aus diesem Grund war ich mehr als verwundert, bereits am frühen Morgen laute Stimmen aus der Küche zu hören.
Gunnar schlief noch. Er hatte gestern Abend, wie oftmals, gewartet, bis ich einschlief  und war dann erst später zu Bett gegangen.
Ich zog meinen Morgenmantel über und schlich aus dem Zimmer und die Treppe hinunter.
Erneut wurde ich Zeuge eines Gesprächs zwischen Marie und ihrer Mutter.
„Sie hat dich gesehen!“, schrie Ruby Jane.
„Was hat sie denn gesehen?“, fragte Marie zynisch und spöttelnd zurück.
„Du hättest vor ihm gekniet und sein Ding wäre in deinem Mund verschwunden.“
Marie lachte bissig. Widersprach jedoch nicht.
Bisher war mir nicht klar geworden, um WEN es hier ging, und „wessen Ding“ angeblich in Maries Mund verschwunden war.
„Bisher dachte ich Rea sei die Schlimme. Die Skandalöse. Aber DU bist nicht besser. Hat etwas vor ihr auf dich abgefärbt?“
„Nein. Gewiss nicht. Ich habe nur gelernt zu genießen.“
Ruby Jan lachte beinahe hysterisch. „Genießen? Du hast also Gunnar Schwanz genossen?“
Gunnar?  Wie war DAS eben? Gunnars Schwanz?
WANN ist Gunnars Schwanz in Maries Mund verschwunden??
Nun hielt es mich nicht mehr vor der Tür. Ich platzte für die beiden unerwartet in die Küche und sah sie fragend und vorwurfsvoll an.
„Oh. Gut.“, sagte Ruby Jane. „Dann beichte es ihr gleich.“
„Beichten? Beichten? Was?“ Marie wurde wütend. „Wenn du nicht so geschrieen hättest“, sie ging einen provozierenden Schritt auf Ruby Jane zu und sah ihr wutschnaubend in die Augen, „hätte niemand etwas davon erfahren müssen.“
Ruby Jane trat zurück und wendete sich ab. „Das ändert jedoch nichts daran, dass du dich ihn verliebt hast.“
„Wieso tust du das.“, schrie Marie. „Warum stellst du dich auf ihre Seite. Du bist schließlich MEINE Mutter. Nicht Reas.“ In Maries Stimme lag eine Aggressivität, die ich von ihr nicht kannte.
„Aber es ist nicht recht. Gott sieht..“
„Gott! Gott! Lass mich mit deinem scheiß Gott bloß in Frieden.“
So unsachlich und wütend hatte ich Marie noch nie gesehen. Früher vielleicht. Aber da war ebenso viel Spaß. Nie wirkliche eine derartige Eskalation. Zumindest nicht in meiner Gegenwart. Offensichtlich sind wir nun zu ernsthaften Konkurrentinnen, Gegnerinnen geworden. Besonders, weil es Gunnar betrifft.
Ich schüttelte mit dem Kopf. „Was ist nur mit uns passiert Marie?“, fragte ich schluchzend. „Ich dachte es seien die Hormone, die dich den Kopf verlieren ließen. Aber das! Wie kannst du nur?“
Sie kam auf mich zu und breitete die Arme aus. „Was? Schließlich hat er bereits mit mir gefickt. Schon vergessen?“
„Ich glaube, ich begreife besser als du, warum er das tat.“
„Ich will nicht nur eure verfluchte Leihmutter sein für die ach so magischen Kinder. Ich will alles. Den ganzen Gunnar.“
Ups! Jetzt war es heraus.
Wir alle drei standen da und hielten den Atem an. Marie schlug die Hand vor ihren Mund und sah mich mit großen Augen an. DAS hatte sie sicherlich nicht so sagen wollen.
Ich war entsetzt. Enttäuscht. Traurig. Blieb jedoch unerwartet ruhig. Nur liefen mir die Tränen über die Wangen. Ungewollt. Genau genommen beabsichtigte ich Marie diese Genugtuung nicht zu gönnen. Dass sie mich weinen sah.
Im folgenden kurzen, holprigen Gespräch klärte ich, wann und wo das alles passierte. 
Dann verließ ich die Küche und atmete durch.
Soll ich Gunnar nun damit konfrontieren?