Dienstag, 2. Juli 2013

Das Ego bezwingen



„Marie. Wir müssen reden.“, suchte ich das Gespräch mit ihr.
„Rauswerfen kannst du mich nun nicht mehr, aus deinem Haus.“, wurde sie sogleich unverfroren. Fühlte sich offensichtlich in der Defensive. Warum nur?
„Das will ich nicht.“, sagte ich in ruhigem Ton. Bereit für ein Gespräch, um mich mit ihr zu versöhnen.
„Was willst du dann?“ Noch immer schwang ein Anflug von Bosheit in ihrer Stimme.
„Was ist nur mit dir geschehen Marie?“ Noch immer stand ich unsicher und wie angewurzelt am Eingang zur Küche.
„Ich habe gelernt zu genießen. So, wie du es bisher tatest. Bis mir diese Kinder dazwischen kamen. Aber gut. Sie sind von Gunnar und haben mir bei ihrer Zeugung ein ganz besonders Erlebnis beschert.“ Sie grinste beinahe schamlos in meine Richtung.
„Ja. Ich weiß. Mein Ehemann kann auf die Wünsche der Frauen eingehen. Ihnen Lust und Leidenschaft, Orgasmen und sexuelle Befriedigung bescheren. DAS ist mir bekannt.“ Ich ging einen kleinen Schritt auf sie zu. „Das hat dich beeindruckt. Nicht wahr?“ Ich sah ihr direkt in die Augen und ließ meinen Blick genau dort bei ihr  stehen.
Sie schien verlegen zu werden, ob meiner vehementen Freundlichkeit und meines Entgegenkommens. Schüttelte leicht mit dem Kopf. „Und weiter?“
„Willst du nur mit ihm ficken, oder willst du ihn haben?“, fragte ich direkt und  wohlbedacht schockierend.
Sie stutzte. Ruderte. Wusste offensichtlich nicht, was sie darauf antworten sollte.
„Er liebt DICH. Meine Chancen sind gering.“
„Ah. So ist das.“ Ich blieb ruhig. Obwohl ich ihr in diesem Augenblick am aller liebsten eine Ohrfeige verpasst hätte. „Du willst ihn also?“
Sie schnaufte und wand sich ab. „Gegen DICH hätte ich ohnehin keine Aussicht auf Erfolg.“ In ihrer Stimme klang Resignation.
„Warum willst du IHN? Sag mir das bitte.“, blieb ich beharrlich.
Erneute Sprachlosigkeit.
„Was hat ER, was dir Adam nicht geben kann?“, setzte ich nach.
„Warum bevorzugtest DU ihn denn? Hättest du nicht genauso Adam wählen können, anstatt seiner.“
Wie mir schien, zwang sie mir den Part der Rechtfertigung auf. Nun gut. Ich nahm ihn an, um ihr zu zeigen, dass sich meine Freundschafts-Avancen auf das Fundament von Aufrichtigkeit stützten.
„Ehrlich?“ Ich lächelte leicht, um den Bann des Misstrauens zwischen uns zu lösen.
Sie verzog leicht den Mund. „Ja. Ehrlich.“
„Gunnar ist größer und sein Körper reizvoller. Insgesamt ist er eine attraktivere Erscheinung als Adam. Du weißt, ich mag die imposanten Bodys.“ Ich zwinkerte ihr zu.
„Dann hättest du besser bei Wanja bleiben sollen. Oder Felicio.“
Felicio. Das war mein Stichwort. Hier konnte ich anknüpfen.
„Warst du nicht so überaus verliebt in ihn?“
Ein kurzes verächtliches Lachen. „ER will mich nicht. Er wollte nur den Gratis-Fick. Nicht mehr.“
„Nun. Wenigstens hast du es genossen, und denke nicht, dass es mir mit ihm anders erging als dir. Er fickte sich durch die Reihen der Models wie ein Raubfisch durch einen Heringsschwarm.“
Marie sah mich an. „DU warst nicht viel besser. Oder?“
Oho! Eine erneute Offensive.
Ich räusperte mich und suchte meine zunehmende Unzufriedenheit über den Verlauf des Gesprächs zu verbergen. „Nun gut. Wie blieben uns nichts schuldig. Mag sein.“
„Möglicherweise ist es mit Gunnar ebenso?“ Maries Ton wurde schärfer.
„Ja. Unter Umständen ist DAS so. Ich wünschte, du würdest diese Umstände persönlich und mit eigenen Augen begutachten können. Erst dann würde ich deine Meinung noch einmal einholen, ob du ihn nun tatsächlich für dich wolltest oder nicht.“
Sie sah mich verdutzt an. „Ist er pervers? Oder was?“
Ich musste schmunzeln. Gedachte sie erneut mit offener Ehrlichkeit zu schockieren. „Nein. Jedoch ein bisschen bi und er steht auf sadomasochistische Spielereien.“
„W-a-s? Davon bemerkte ICH nichts.“
„Nein. Natürlich nicht. Gunnar wollte dir das Zusammensein mit ihm so angenehm wie möglich gestalten. Nur für dich Marie. Da du ihn, wie du sagtest, für den Teufel hieltest.“, versuchte ich ihr zu schmeicheln.
„DAS wäre doch nicht nötig gewesen.“, wurde sie schnippig. Gerade als ich dachte einen Zugang zu ihr gefunden zu haben.
„Auf Erik hätte ich verzichten können. Er ist mir zu alt.“, keifte sie weiter. „Gleichgültig. Er ist groß und weiß und trotz seines Alters noch ein überaus potenter Mann. Warum hätte ich ihn verschmähen sollen. Ohnehin war es bereits vorher beschlossene Sache, dass sie zu dritt, hintereinander, in vorher bestimmter Reihenfolge mit mir fickten. Ich hatte nichts zu sagen. Keinen Einfluss darauf.“
„Aber du hast es genossen. Nicht wahr?“, fiel ich ihr ins Wort.
„Natürlich. Was denkst du denn. Wann bietet sich einem eine solche Gelegenheit?“ Ihr Ton mäßigte sich und sie schmunzelte leicht.
„Nun. Was ist? Willst du Gunnar für dich?“, lenkte ich das Gespräch auf den Ursprung zurück.
„Was sollte ich mit einem Mann, der mich nicht lieb?“ Ihre Stimme war weicher geworden und mit einem Schuss Verzagen.
Der richtige Zeitpunkt, um Adam ins Spiel zu bringen. „Adam liebt dich.“
Ein zynisches Lachen. „Ach. Ist das so?“
Nun stutzte ich.
„Er liebt DICH! Alle lieben Dich Rea.“, schrie sie beinahe.
Ich vermochte zu ahnen, um was es hier tatsächlich ging. Sie war neidisch. Beabsichtigte mich bewusst zu verletzen.
„Du besitzt alles, wovon ein Mann träumt. Schönheit. Reichtum. Selbstsicherheit und Stolz. Vor allem auf deine Herkunft. Du bist wer. Umgibst dich mit Aristokraten deines Standes, Lebst in feiner Gesellschaft. Triffst Schauspieler und andere Stars. Und ich?“
„Das alles ist unwichtig. Es sind alles nur Menschen. Berühmt oder nicht. Und DU bekommst die Möglichkeit sie alle durch mich kennen zu lernen. Ist DAS für dich etwa nichts?“ Nun eröffnete sich mir die Möglichkeit weiter auszuholen. „Genau genommen, stehst du mir in nichts nach. Du hast an allem Anteil. Was auch immer ich anzubieten hätte, bin ich bereit zu teilen. Mit Dir Marie. So war es immer gewesen. Erinnerst du dich nicht?“, ließ ich nicht nach und folgte meiner eigenen Versöhnungs-Mission.
„Würdest du Gunnar mit mir teilen?“
Oh! Welch unverschämte Frage. Welche ich mit einer Gegenfrage beantwortete. „Würdest DU Adam mit mir teilen?“
„Das tue ich doch bereits jetzt schon.“
„W-a-s?“ Ich verstand nicht.
„Er träumt von Dir. Spricht im Schlaf. Sagt deinen Namen.“, kamen die Worte an-klagend aus ihrem Mund.
„Und wenn schon. Was bedeutet das denn?“
„Dass er dich nicht vergessen kann. Und ich vermag mich des Eindrucks nicht zu erwehren, dass er an DICH denkt, wenn wir ficken und dich noch immer liebt.“
„Nein! Marie. Nein! DAS ist nicht wahr. Lutschst du aus diesem Grund Gunnars Schwanz? Um mir weh zu tun?“
„Noch bin ich nicht wieder in der Lage ihn zu ficken.“
„Ach. DAS beabsichtigst du tatsächlich?“
„Ja!“, schrie sie und begann zu weinen.
Wie tief muss ihr Scherz nur sitzen, dass sie bereit ist mich derart zu verletzen.
„Es ist dir doch ohnehin gleichgültig. Oder etwa nicht? Du fickst doch immer noch mit anderen. Nicht wahr.“, sagte sie mit weinerlicher Stimme.
„Nein. Marie. Das tue ich nicht mehr.“ Ich schnaufte leise und atmete tief. „Obgleich ich angesichts seiner sadomasochistischen Spielchen mit Siv und ihren Schwestern geneigt bin dies zu tun. Möglicherweise wird es ab und an wieder vorkommen. Jedoch wird es nicht die Regel sein. Schon aus gesundheitlichen Gründen wie du dir sicher vorstellen kannst. Obendrein ziemt es sich nicht als Chefin, sich durch das Personal zu schlafen.“ Ich suchte sie in verstehender, offenherziger Weise in die Ecke zu drängen. Sie musste verstehen, dass ich ihr mein Herz auf einem Silbertablett entgegen reichte. Dass ich um ihre Gunst, um ihre Freundschaft buhlte.
„Was ist mit Troels? Hast du nicht mit ihm gefickt? Weiß Gunnar davon?“
„Ja. Jedoch ist es zur Ausnahme geworden. In letzter Zeit geschah es eher aus Dankbarkeit als aus Leidenschaft.“
„Dankbarkeit? Wofür?“
Ich musste lächeln. Jetzt hatte ich die Möglichkeit es ihr einleuchtend mit einer Allegorie zu erklären. „Wegen seine Freundschaft. Die er mir so ehrlich und loyal wie kein anderer offeriert.“
„Noch EINER, der dich liebt.“, sagte sie schon beinahe verächtlich und verkehrte meine Bemühungen erneut ins Gegenteil.
Was blieb mir jetzt noch als ein radikaler Vorstoß.  „Ich will deine Freundschaft zurück Marie! Verstehst du das nicht?! Ich will, dass wir wieder Freundinnen sind. So wie früher.“
„Ich will. Ich will.“, äffte sie mich nach.
Mir schien, dass meine Chancen auf eine dauerhafte und zukünftige Freundschaft mit Marie schwanden.
„Warum bist du nur so verbittert?“, war mein letzter, verzweifelter Versuch.
„Ich will seinen Schwanz lutzschen. Wenn ich ihn schon nicht ficken kann. Erlaubst du mir das.“, verblüffte sie mich mit dieser primitiven Gewöhnlichkeit von einer Frage.
Ich schüttelte mit dem Kopf. Hatte meiner Meinung nach alles getan.
„Tue was du willst.“
Ich ging.

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Möglicherweise vermag ich ein Fuß breit Boden gut zu machen, wenn ich mich mit den Kindern arrangiere. Ihnen Zuneigung entgegenbringe. Oder wird sie dies als erneuten Affront verstehen?
Mein Versuch ist gescheitert. 
Aufgeben, werde ich aber noch nicht gänzlich.
Jedoch bin ich sicher, dass ich weitere Demütigungen werde hinnehmen müssen, bevor sie mir gegebenenfalls ihr Herz öffnet.
Bin ich dazu tatsächlich bereit?
Ich vermag wahrlich nicht zu sagen, was sie veranlasst an mir Rache über zu müssen. Ich stahl ihr nie einen Mann.

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Mit Gunnar sprach ich vorerst nicht darüber. Selbstredend sah er in meinen Gedanken, was mich bewegte. Sagte jedoch nichts dazu. Lächelte nur.  


Marie suchte nun selbst meine Gegenwart, um mir ihr Herz auszuschütten. Mich mit Leid und Zorn zu beladen. Mich mit dreisten Vorschlägen zu demütigen und mir Vorwürfe entgegen zu schleudern.
„Ich verlor meinen einzigen Sohn Raymond bei Euch in Schweden. Schon vergessen? Dafür ward ihr mir etwas schuldig.“, sprangen mich ihre Worte förmlich an. „Und du hasst meine neuen Kinder, weil sie von Gunnars sind.“ Ihre Augen funkelten mich an.
„Nein. Das ist nicht wahr.“ Blieb ich äußerlich gelassen.
„Wenn du könntest, würdest du sie töten.“
„Marie! Jetzt gehst du aber zu weit!“
Kurze Stille.
Sie hatte sich von mir abgewendet und drehte sich nun wieder zu mir um. „Warum tauschen wir nicht unsere Ehemänner? Gunnar ist ohnehin der Vater meiner Kinder.“
Ich schluckte. „In diesem Fall sollten wir die beiden Männer in unser Gespräch mit einbeziehen. Meinst du nicht? Wir können unsere Ehemänner nicht einfach verschachern, als wären sie Vieh.“ Ich vermochte mich kaum mehr zu beherrschen. „Hast du überhaupt noch vor irgendetwas Respekt?“
„Ja. Vor mir selbst. Das ist genau DAS, was mir bisher fehlte.“
„Schön, dass du dich gefunden hast. Aber das ist nicht das Ende deines Lernprozesses.“
„Erzähle DU mir nichts über das Lernen!“
In diesem Augenblick betraten Gunnar und Adam die Bildfläche.
„Gut, dass ihr kommt.“, sagte ich. „Marie schlug gerade vor euch auszutauschen.“
Die beiden sahen sich an. Dann sahen sie mich und Marie an.
„Was soll das denn?“, bemerkte Gunnar beinahe beiläufig und ging an uns vorbei in die Küche.
Adam stand wie angewurzelt und starrte mich an.
„Das war doch klar, dass dir das gefällt.“, bellte Marie ihren Mann entgegen.
„Was? Nein. Marie.“ Er ging auf sie zu und schickte sich an sie zu umarmen. Sie trat einen Schritt zurück und hob zur Abwehr die Hände.
„Was soll das?  Ich dachte deine Hormone kommen so allmählich wieder ins Gleichgewicht?“
Marie winkte ab und folgte Gunnar in die Küche. „Du schreibst alles den Hormonen zu.“
Adam lief hinter ihr her. „Nein Marie. Ich liebe dich. Das weist du doch!“

Nun. Es wurde noch heftig diskutiert. Vor allem mit Marie. Die am Ende in Adams Arme fiel und weinte und ein „Es tut mir leid.“ von sich gab. Was offensichtlich Adam galt. Niemand anderem. Ganz und gar nicht mir.
Das ganze Geschehen ist überaus enttäuschend! Nur Gunnar ließ keinen Zweifel daran, dass er mich liebt.