Mittwoch, 3. Juli 2013

Liebe heilt



Es scheint, als würde mich ein depressives Unwohlsein heimsuchen.
Es geht mir nicht gut. 

Mag sein, dass mich einerseits die Aufregung um Marie und das Buhlen um ihre Freundschaft eine Menge an Energie kostete. Wobei ich mir noch nicht einmal sicher bin, dass es das wert war.   
Andererseits sind da zahlreiche physische Beschwerden.
Mein Magen ist noch immer nicht in okay. Trotz der ordnungsgemäßen Einnahme von Marys pflanzlichem Medikament. Der tägliche Kaffee ist zum Tabu geworden. Auf geringfügige Mengen an Zucker in den Speisen spricht er ebenso nachteilig an. Übelkeit plagt mich zuweilen.
Mir scheint, als müsse ich mein Leben ohne Zucker bestreiten. Ebenso ohne Fett. Nichts Saures. Nichts Scharfes.
Gunnar wies diesbezüglich darauf hin, dass meine mir vierteljährlich verabreichten Medikamente ebenso keine zu unterschätzende Rolle spielen würden. Er bat mich eine Art „Gesundheitstagebuch“ zu führen. Indem ich nicht ausschließlich über mein tägliches Befinden, sondern in gleicher Weise Wetter,  Mond, Temperatur einbeziehe und alle Nahrung notiere, die ich zu mir nehme.
Obendrein versündigte ich mich vor zwei Tagen noch am Schweinefleisch. Was mir in Knochen und Gelenken sitzt. Ich dachte darüber nach, gänzlich zum Vegetarier zu werden. Gunnar lachte. Sagte, dass würde ich ohnehin nicht schaffen. Er selbst liebt es zuweilen ein Elchsteak zu verschlingen.

Noch zwei Reiki Termine stehen an. Heute und am Freitag. Ich bin mir nicht wirklich sicher, ob ich diese Behandlung fortsetzen werde. Gunnar meinte, es könne nicht schaden mit die Therapie fortzufahren.
Ich brauche ihn so dringend in meinem Leben. Er gibt mir Halt in jeglicher Lebenssituation. Trotz alledem. Ich kann mich auf ihn verlassen. Er ist für mich da. Gibt stets die richtigen Hinweise. Führt mich. Könnte man sagen.
Es ist so derart beruhigend, ihn an meiner Seite zu wissen.
Liebe heilt.

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Ich arrangiere mich so allmählich und gezwungenermaßen mit den Babys.
Was bleibt mir übrig.

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Wir saßen bis kurz vor Mitternacht auf der Veranda. Redeten und schwiegen. Waren zuweilen wortlos, um schlussendlich das Wort erneut zu ergreifen. Am besten alle zusammen in einem Durcheinander der Wörter, sodass wir darüber lachen mussten.  Die Thematik des Vortages wurde jedoch nicht mehr erörtert. Adam schien Marie verziehen zu haben. Zumindest erweckte es den Eindruck.

Nach Sex war mir in der Tat nicht zumute.
„Warum lässt du dir nicht von Marie einen blasen?“, witzelte ich, als wir in unserem Schlafgemach angekommen waren.
„Nein. Es ist nicht richtig. Um Adams Willen.“, antwortete Gunnar unerwartet ernst. „Marie gedenkt etwas nachholen zu müssen, was nicht mehr nachgeholt werden kann. Jetzt erst recht nicht. Sie und Adam haben die Verantwortung für die Zwillinge. Marie ist schließlich die Mutter.“
„Und DU der Vater. Sie will dich, und nicht Adam.“
„Warum?“
„Weil du attraktiver bist?“, bemerkte ich mit ausgebreiteten Armen und einen Blick, welcher Selbstverständlichkeit besagte.
Gunnar schmunzelte. „Tatsächlich. Ist das so?“.
„Ja. Das ist so.“ Ich grinste zurück. „Sonst wäre ich bei Adam und nicht bei dir.“
„Mir scheint dennoch, Adam beherbergt nicht so viele negative Seiten, die er gezwungen ist zu leben als ich.“ Gunnar räusperte sich, verzog den Mund und warf mir einen bedauernden Blick zu.
„Ja. Das ist gut möglich.“ Mir war überaus bewusst, was er damit sagen wollte. „Adam ist ein guter Freund. Dies war er bereits früher schon gewesen. Zu dieser Zeit hätte ich mir durchaus vorstellen können, mit ihm zu leben. Aber da waren noch so viele Abenteuer zu bestehen. So viele Menschen kennen zu lernen. So viele Erfahrungen zu durchleben.“
„Und nun, bist du angekommen?“ Gunnar schmunzelte und streckte die Arme nach mir aus.
„Ich denke schon.“, sagte ich und ließ mich in sie fallen. Er trug mich zum Bett. Ich klammerte mich an seinen Hals. Liebkoste ihn, sowie er mich und schlief schlussendlich einigermaßen entspannt an Gunnars Schulter ein. 
Wahrhaftige Liebe heilt!

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Heute Morgen, gegen halb sechs, hörte ich die Kinder weinen. Ich stand auf, um nachzusehen. Um zu zeigen, dass ich bereit war, zu akzeptieren was nun einmal nicht mehr zu ändern ist. Um mich möglicherweise fürsorglich einzubringen. Meinen „guten Willen“ zu zeigen.
Ich klopfte leise und betrat behutsam das Schlafzimmer von Marie und Adam, indem die Bettchen der Kinder stehen. Sie schrieen noch immer. Adam und Marie schienen jedoch zu schlafen. Marie stöhnte und dreht sich zur Seite.
Ich nahm Inula Castanea heraus und wiegte sie das aller erste Mal aus eigenem Antrieb heraus auf meinem Arm.
Es war gerade so, als stünde ich neben mir. Würde mich beobachten und mich fragen, was ich da eigentlich tue. Es war ein ungewohntes Bild. ICH und ein Baby?
Ein Schrei riss mich aus meinen Gedanken.
Im nächsten Augenblick stand Marie neben mir, riss mir das Baby aus den Armen und eine Flut von Schimpfwörtern brach über mich herein.
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie sich Adam verschlafen aus dem Bett pellte. Ich lief aus dem Zimmer und warf die Tür hinter mir zu. Kroch zu Gunnar und schmiegte mich wimmern an ihn.
„Was ist denn passiert?“
Ich erzählte ihm die Kurzgeschichte. Ebenso von meinem zeitweiligem Anflug der Tantenliebe, welcher jäh von Maries Beschimpfungen unterbrochen wurde.
Gunnar setzte sich auf und stöhnte. „Ich muss mit ihr reden.“ Er stand auf.
„Jetzt?“, fragte ich.
„Ja. Jetzt, und in Adams Beisein.“

Ich kann nur erahnen, was im Nebenzimmer lautstark debattiert wurde.
Das Frühstück nahmen wir in dementsprechend kühler Atmosphäre ein. 
Nur Adam und Gunnar waren gut gelaunt und witzelten. 
Marie funkelte mich wütend an. 
Ich war ebenfalls zornig. 
Liebe würde heilen.