Mittwoch, 31. Juli 2013

See you later.



Gunnar verzichtete gestern anlässlich meines Geburtstages auf ein Fußballspiel seiner favorisierten Mannschaft. Noch viel erstaunlicher, dass es ihm seine Brüder um meinet Willen gleich taten. Besonders Hjalmar. In manchen Augenblicken vermute ich sogar, mich in ihm getäuscht zu haben.

Es fehlt mir im Augenblick tatsächlich die Zeit mich um Ian, Wanja oder Felicio zu kümmern. Um Marie schon ganz und gar nicht. Denn ich packe meinen Koffer. Morgen, gegen neun ist Aufbruch zum Hospital.
Aus diesem Grunde  sehen sie es mir bitte nach, sollte hier ein oder zwei Tage nichts von mir zu lesen sein.

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Trotz alledem traf ich mich noch mit Ian, bevor er zurück nach Deutschland reiste.
Gunnar versicherte ich, er müsse mit Nichten eifersüchtig sein. Wenngleich er an meinen Worten zweifeln mochte, denke ich, entsprachen sie (beinahe!) der Wahrheit.
Er war ohne die „Erlaubnis“ Annicas zu mir aufgebrochen, die dies für ein unvernünftiges Unterfangen hielt. „Was willst du dort?“, hatte sie ihn gefragt. Er hätte nur geschmunzelt und war gegangen. Als die Tür ins Schloss fiel, hätte er noch gehört, wie sie tobte. Das nun dadurch Annicas Heiratspläne hinfällig wären, ist  eher weniger zu vermuten. Sie wird ihm großmütig verzeihen. (Wie ich es stets mit Gunnar tue.)
Wie vermochte ich Ian gegenüber zu treten und ihm nicht liebevoll in die Augen zu sehen? Undenkbar.
Die wenigen Minuten gedachte ich so viel als möglich von ihm in mich aufzunehmen. In Gedanken Fäden um ihn zu spinnen und an mich binden. Seine Blicke einfangen. Festhalten. Die leichten Berührungen um das Tausendfache zu potenzieren. Ihn zu riechen. Zu küssen. Zu schmecken. Zu streicheln. Usw.
Als ich Ian während unseres Gespräches in die Augen sah, kamen die Erinnerungen an meine einzigartige Liebe zu ihm zurück.
Ich seufzte laut. In der Tat. Ich hätte am aller liebsten mit ihm gefickt. Seine Hände noch einmal auf meiner Haut gespürt. Seinen Bart, der mich kitzelt. Wie viel Genuss hätte es mir (und ihm) bereitet, seinen Schwanz noch ein einziges Mal zu lutschen.
Ich vermute, er wusste ganz genau, worüber ich nachdachte. Er grinste beinahe spitzbübisch.
„Du liebst mich noch. Oder?“, fragte er mit einem verschmitzen Lächeln.
Was, in der Götter Willen sollte ich darauf nun antworten? Wenn ich mir die Wahrheit selbst nicht eingestehen konnte. Nicht eingestehen durfte. Leidenschaftliches Verzehren ist eine völlig andere Geschichte als die wahre Liebe.
Einerseits richtet sich (beinahe) meine gesamte Aufmerksamkeit, was Männer anbelangt, auf Gunnar. Dies mag zu einem (großen) geringem Teil an meiner Kränklichkeit liegen. Er gibt mir eine gewisse Sicherheit, Beständigkeit und ebenso Geborgenheit. Welche ich dringend brauche. Ich lerne ihn tatsächlich lieben.
Andererseits sind da noch immer Gefühle für Wanja, Felicio, Ian und selbstverständlich für Kevin, die ich nicht zu leugnen vermag.
In der Tat gleichwohl für Felicio. Wer hätte es gedacht? Ich empfinde ihn noch immer als einen überaus anziehenden, begehrenswerten Mann.
Was Felicio betrifft, wird sich indes bereits Marie befleißigen (und meine Abwesenheit zu nutzen wissen. Möglicherweise nutzt sie diese Zeit gleichwohl, um Gunnar erneut Avancen entgegen zu bringen). WEN zum, Teufel liebt sie nun eigentlich? Adam scheint es offensichtlich nicht zu sein. Dies steht für mich zweifelsohne fest!
Der Haken ist nur, dass Felicio sie niemals heiraten würde und sie nicht im Geringsten liebt. Mit ihr zu ficken, ist ein völlig anderer Sachverhalt. Was in diesem Fall in gleichem Maße auf Gunnar zutreffen mag.
Am Ende beantwortete ich Ians Frage mit „JA“.
Selbstredend vermochte ich mir einen heißen Abschiedskuss nicht zu verwehren. Warum auch? Woraufhin sich erneut die Schmetterlinge im Bauch meldeten und mein Verlangen nach Ian ins unermessliche stieg.
Es war gerade so, als ob er ein Stück meines Herzens mit sich nahm, als er mich verließ.

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Kevin bereut nicht gekommen zu sein. Er hätte nur zu gern Präsenz gezeigt. Jedoch ist es nun wahrlich nicht aller Tage Abend.
Ich beschwichtigte ihn. Mahnte zur Geduld. Welche ich genau genommen ebenso wenig aufzuweisen hatte.

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Wanja sah ich indes nicht. Er sandte mir ausschließlich eine SMS, der zu entnehmen war, dass er noch längere Zeit hier sein wird. Zudem wünsche er mir alles Gute. Für den 1. August. Er würde an mich denken, und wenn ich ihn bräuchte, wäre ein einziges Wort genug, dass er sich auf der Stelle an meine Seite begäbe.

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Felicio entzog sich meinen Blicken. Seine Reservierung ist allerdings erst am achten August beendet. Was nunmehr bedeuten mag, dass ich in mit sicherer Bestimmtheit später noch begegnen werde. Bis dahin mag er sich getrost mit Marie vergnügen. Schließlich gab ich ihr eine Säuglingsschwester zur Seite. Damit sie ein wenig „Entlastung“ erfährt (und sich gegebenenfalls anderen Dingen widmen kann).
Adam hingegen war außer sich. Er rief an. War verzweifelt. Suchte sie und die Kinder.
Was für eine Unmöglichkeit. Das sie ihn verlassen hätte, und dies im Angesicht seiner Familie. Er war völlig außer sich. Weiß nicht, was er tun soll. 
Mir fehlt im Augenblick Sinn und Zeit für dergleichen Beziehungsspielchen und Rivalitätsgefechte. Der bevorstehende Hospitalaufenthalt und die danach folgende Zeit der Medikamenten bedingten Kränklichkeit, gibt mir zur Genüge auf zu raten.
Zudem werde ich mir unter ihrer Beobachtung, ihren neidischen Augen keine Fehler, wie beispielsweise Troels, Wanja oder ganz und gar Jason Anekelea leisten können. Felicio ohnehin nicht. Sie würde mich ohne zu zögern augenblicklich an Gunnar verraten.
Würde sie hingegen Gunnar denunzieren, wenn sie ihn mit einer anderen sähe?
Gleichgültig!
Im Augenblick quälen mich andere Sorgen.

See you later.