Montag, 7. Dezember 2015

Avantgardistische Lebensweise+ (Selbst-) Erkenntnis



Ian möchte unbedingt, dass ich ihn in Berlin besuchen komme.
Nun, ich dachte bereits darüber nach, ob ich es evtl. im Rahmen von Kevins Kommen arrangieren kann. Allerdings wähnt mir, dass dies keine so gute Idee sein wird. Ich gedenke mich Kevins Freundin und Geliebter Janina, sofern man dies überhaupt so nennen kann, keineswegs schon vor ihrem hier Sein aufzudrängen. Nur, was sollte ich Gunnar als Erklärung bieten, wenn ich urplötzlich, für einige Tage, nach Berlin reisen will?
Dann fiel es mir doch noch ein. Aber natürlich! Meine Eltern! 
(WENN ich es denn tatsächlich tun werde. Was ich nach letzter Nacht doch arg bezweifle. Ich werde gegebenenfalls warten, bis Ian zu mir ins Zentrum kommt. Aber dann, ist aller Wahrscheinlichkeit nach, wieder Derek eifersüchtig.)

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Gunnar gibt sich tatsächlich große Mühe. IST, wie ein Ehemann sein soll. Denkt er womöglich, nach meiner Scheidungsdrohung, ihm schwimmen jetzt die Felle davon?
Oder ist es tatsächlich sein ehrliches Verlangen, gleichwohl auch MIT mir allein und zusammen sein zu wollen?
Nun, selbstverständlich bin ich geneigt ihm zu glauben und,....zu vertrauen. Denn, wie schon bemerkt, habe ich durch seine kleineren und auch größeren Kapriolen ebenso meine eigenen, gelegentlich bescheidenen Freiheiten und Unabhängigkeiten.
Womöglich ist unsere Beziehung, unsere Ehe, unser Umgang miteinander, doch nicht SO misslich oder übel. Nur eben NICHT alt her gebracht in seiner gelebten Art und Weise. Sondern eher doch modern, zeitgemäß. Wenn nicht sogar zukunftsweisend. Wenn nur die Eifersucht nicht wäre!  (Dann könnte, jedoch müsste nicht (!), ich gleichwohl Alexas Freundin werden. SO, wie Gunnar es sich wünscht.)

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Am Nachmittag rief ich Thomas an, der nicht zu erreichen war. Gleich anschließend versuchte ich es bei Derek.
„Kannst du bitte zu Thomas gehen und fragen, ob ich für die morgige Bestellung bei ihm sein muss? Ich kann ihn nicht erreichen. Und richte ihm bitte noch aus, dass er an die neuen Zeiten der Entsorgungswirtschaft denken soll.“
Eine halbe Stunde später rief mich Thomas zurück. „Es wäre schön, wenn du für die Bestellung des Luciafestes vorbei kommen würdest. Die Weihnachtsbestellung steht ebenso noch aus.“
„Pfffff... Okay. Bitte einen Augenblick.“
Ich fragte Gunnar, der neben mir saß, ob er mich nicht kurz ins Zentrum begleiten würde. Er nickte und ich sagte Thomas zu.

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Wir trafen uns allesamt im Büro. Derek war selbstverständlich mit von der Partie. Infolgedessen trafen sich die beiden erneut und begrüßten sich recht kühl. So, wie es Männer eben tun. Ein Handschlag. Ein kurzes Gerangel. Platzhirsch-Getue.
Ich blieb nicht lang dort. In etwa eine gute Stunde und fuhr dann mit Gunnar zurück nach Stockholm.
Derek vertröstete ich auf Montag. Gegebenenfalls Dienstag. Ich wusste/weiß es selbst noch nicht genau. Alldieweil ich so mittlerweile erwäge (und darüber nachgedacht hatte), doch zu Ian nach Berlin zu fliegen. Jedoch bin ich hier ungemein wankelmütig. In einem Moment bin ich fast Feuer und Flamme. Abenteuerlustig. Im Nächsten, schon ein feiges Huhn.

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Mit Gunnar bin ich übereingekommen, dass Weihnachten ausschließlich der Familie gilt. Alexa gedenkt er vorzuschlagen, doch zu ihren Eltern zu gehen.
Wir werden allesamt, zu Gunnars Vater Johann, nach Gotland reisen. Gunnar, seine Brüder, seine Schwester, sein Onkel Erik und ich. Johanns Schwester Hanna, also Gunnars Tante, werden wir dort ebenfalls treffen.
Gunnar hat mit Erik gesprochen, der am Erwägen ist, sogar seine Exfrau Emilia Stephansdottir mitzunehmen. Ebenso ihrer beider Kinder. Also Gunnars Cousins und Cousinen zum Familienfest bei Johann einzuladen. Damit die Familie endlich wieder einmal beisammen ist.
Zur Jahreswende sieht es vollkommen anders aus. DIESE werde ich vermutlich NICHT mit Gunnar verbringen. Was genau genommen unendlich schade ist. Aber auch in diesem Fall, ist noch nicht aller Tage Abend!
ER jedenfalls, wird mit Alexa um die Häuser ziehen, während ICH, aller Wahrscheinlichkeit nach, (mit Derek?) im Zentrum bin.

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Auf dem Weg vom Zentrum zurück nach Stockholm, fuhren wir allerdings NICHT nach Hause. Sondern besuchten ein Restaurant. Nur wir beide! Wie angenehm!
Der Abend und die Nacht gehörten ebenfalls Ausschließlich UNS!


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Ein neues, beinahe vergessenes Glücksgefühl überwältigt mich am heutigen Morgen.
Gunnar hatte sich, kurz nachdem wir aufgewacht waren, unvermittelt über mich geschwungen, was nun nichts wirklich Ungewöhnliches war, und war rasch in mich eingedrungen. Vielleicht eine Art morgendlicher Ritus für ihn. Dachte ich so. Damit er den Tag mit angenehmen Gefühlen (und befriedigt!) beginnen kann.
Nichts desto trotz war es auch mir eine reizvolle Ouvertüre, um in den Tag zu starten. Mein Ehemann IN MIR! Einfach wunderbar! Hhhaaa! Entzückend! Betörend im Gefühl. Einfach wohlig, warm und wohltuend...aufreizend, traumhaft und paradiesisch angenehm.
Das Schweben und die Euphorie blieben jedoch bedauerlicherweise aus. Was allerdings dem Ganzen keinen Abbruch tat. Ich genoss es schlicht und einfach, Gunnar so NAH zu sein.
D-a-n-a-c-h....lagen wir noch eine ganze Weile nebeneinander und redetet. Redeten über Sex. Sprachen (erneut) über seine Vorlieben, Gelüste und er lies es dieses Mal sogar zu, dass ich Ursachenforschung betrieb. Er stieg ein auf meine Fragen. Antwortete bereitwillig und dachte über das Gesagte nach. Zog seine eigenen Schlüsse,...IN meiner Gegenwart!!! Was völlig neu für mich war und er teile mir diese sogar mit. Gab mir, erstaunlicher Weise, in vielen Dingen Recht und suchte überdies selbst nach Lösungen zu dieser doch so ganz speziellen Problematik.
Dennoch war auch ich bereit einige Schritte auf ihn zu zugehen und Einsichtigkeit zu zeigen. Ihm sogar zu zustimmen, wo ich sah, dass er sich tatsächlich Mühe gab und bereit war, seine Bemühungen anzuerkennen. Nicht beständig und eifersüchtig herum zu nörgeln.
„Und sag’ mir nicht wieder, dass du dich scheiden lassen willst. Ich liebe dich Rea. Ich liebe dich. Ich liebe dich. Hörst du das?!“
So innig und herzerwärmend hatte er mit mir lange nicht gesprochen, oder mir seine Gefühle so derart offen gelöst und unbefangen gezeigt. Zumindest kam es mir so vor. Oder,.....ich hatte es nur nicht zugelassen.....sie anzunehmen, weil ich zu eifersüchtig und verschlossen war.  Andererseits hatte Gunnar ZU VIEL von mir verlangt und DAS wusste er nun gleichwohl. Denn auch DIES gesandt er mir freimütig.
Es war eine überaus fruchtbare Aussprache gewesen. Oder besser ein erstaunlich positiv, ruhiges, sachliches und harmonisches Gespräch. Obwohl die Thematik doch eher eine Sensible war UND immens wichtig für unsere Zukunft ist. Es hatte sich so gut angefühlt, über das alles mit Gunnar zu reden. (Reden zu können.) Sodass ich jetzt doch einigermaßen zufrieden und erleichtert bin!
WAS für ein gutes Gefühl!!!

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Gunnar frühstückte sogar noch mit mir und bat mich, nirgendwohin allein zu gehen. Es sei gefährlich. Ich wäre wie ein Stern, so leuchtend in der grauen Masse, dass ich JEDEM auffallen würde. Auch dem bösesten Menschen. Oder gerade ihm.
„Bitte Rea. Geh nicht allein shoppen. Hole dir jemandem vom Sicherheitsteam, der Dich begleitet. Meinetwegen auch Derek. (Wenn es denn sein muss).“
Ich musste schmunzeln. Denn in diesem Augenblick hatte ICH Gunnars Gedanken gelesen. Aber ich beruhigte ihn. „Nein. Derek wird es nicht sein. Er muss noch so Vieles von Thomas lernen.“, ich lächelte Gunnar liebevoll entgegen. Schob meine Hand über den Tisch und strich kurz über den Rücken seiner Hand.  „Aber du hast Recht. Ich werde es tun. Denn ich weiß, es ist nicht sicher.“ In diesen Augenblicken drängten sich mir unvermittelt Bilder von Troels Lebensgefährtin auf, welche von der Vergewaltigung handelten.
Gunnar holte tief Luft, gerade so, als wäre er erleichtert, ob meiner Einsichtigkeit. Offenkundig sorgte er sich immens um mich. Was ich durchaus verstand. Mein rotes, langes Haar ist stets ein Magnet für Männeraugen. Und nicht ausschließlich mein Haar. Es war gleichermaßen meine Art mich zu bewegen. Meine Gestik und irgendwo diese spezielle Form der Erhabenheit, die ich ausstrahlte. Ebenso ein wenig Unnahbarkeit und vor allem, mit meinen doch noch jungen Jahren, ebenso ein gewisses Maß an Würde. All DAS hat man mir anerzogen,...SO zu SEIN. Mit Schönheit, Anmut und Liebreiz möchte ich hier selbstredend nicht unnötig kokettieren. Obgleich viele Männer ebenso davon angetan sind. Und ich deshalb genau damit, manches Mal, meine Schwierigkeiten habe. Obgleich es andererseits auch Vieles erleichtert, wenn man mit einem attraktiven Aussehen gesegnet ist.


In jedem Fall geht es mir jetzt viel besser als zuvor. Ich fühlte so deutlich, dass Gunnars Liebeschwüre tatsächlich der Wahrheit entsprechen. Das es ihm unvorstellbar wichtig ist, das ICH bei ihm bin. Das WIR beide zusammen sind!
Es KANN nicht anders sein. Ich vertraue ihm......wieder.......und bin guten Mutes, was die Zukunft betrifft.

Im Zuge seiner Fürsorglichkeit, sprachen wir noch über Troels und seine Partnerin. In diesem Zusammenhang bat er mich, ihn zu kontaktieren, alldieweil er doch aufrichtig daran interessiert sein, den Schwedendemokraten beizutreten.
Nun, wie ICH in diesem Fall verfahren werde, ist mir noch nicht gänzlich klar. Allerdings (befürchte?) denke ich darüber nach, mich Gunnar anzuschließen.